Der große Feuerberg Merapi, einer der aktivsten Vulkane der Welt, liegt auf der Route meiner Weltreise im Frühjahr 2001 – ich bin von Thailand, Singapur und Sumatra aus auf der indonesischen Hauptinsel Java gelandet und habe zu diesem Zeitpunkt schon einige Naturschauspiele vulkanischer Art erlebt. Jetzt nun gibt es endlich die Gelegenheit, einen Vulkangipfel selbst zu besteigen – und sie will genutzt sein!
In Yogyakarta, der alten javanesischen Hauptstadt am Fuße des Gunung Merapi liegt der Ausgangspunkt für die Merapi-Besteigung. Hier lasse ich in einem Hostel das Weltreise-Gepäck zurück und bekomme den Tipp für einen erfahrenen Bergführer. Im Lonely Planet steht zudem, dass man beim Geologischen Institut der Universität nachfragen solle, ob es zu diesem Zeitpunkt überhaupt möglich ist, den Berg zu besteigen. Nachdem es dort jedoch grünes Licht gibt, starte ich meine Tour: Zunächst geht es mit dem Bus in das Dörfchen Selo (ca. 1.800 m üNN), eine der höchstgelegenen Ortschaften am nördlichen Abhang des Merapi. Es liegt auf dem Sattel zwischen den Nachbarbergen Gunung Merapi und dem etwas höheren Gunung Merbabu.
Mitten in der Nacht geht’s los
„Bitte kommt rechtzeitig am späten Nachmittag, damit ihr euch früh schlafen legen könnt, weil um 1 Uhr nachts der Aufstieg beginnt“. Die Begründung für diesen frühen Start: Der Sonnenaufgang ist besonders schön vom Gipfel aus – der Himmel erstrahlt um diese Uhrzeit im herrlichsten Morgenrot und ist besonders klar. Gegen Mittag ziehen in der Regel zudem dichte Wolken herein, was für uns also bedeutet: der erste Teil des Aufstiegs findet im Dunkel der Nacht statt. Mit Taschenlampen ausgerüstet, Proviant und warmer Kleidung gegen nächtliche Kälte und starke Gipfelwinde geht es los. Mein Bergführer Pak hat an diesem Tag außer mir keine weitere Kundschaft, sodass ich mehr oder weniger einen persönlichen Guide für mich allein habe. Leider versteht dieser jedoch nur wenige Worte Englisch, sodass weiterführende Kommunikation nur sehr begrenzt möglich ist.
Serpentinen: Fehlanzeige!
So geht es los, auf ausgetretenen Wegen, zunächst durch bewaldetes Gebiet. Der Weg verläuft dabei steil bergauf und macht nur wenige Kurven. Vielmehr geht es beinahe schnurgerade entlang der Falllinie nach oben – was uns trotz der noch kühlen Luft deutlich zum Schwitzen bringt. Erst als die Bäume kleiner werden und immer wieder größere Felsbrocken zum Pausieren einladen, machen wir schließlich unsere erste Rast. Nach wie vor im Dunkel der hinter uns liegenden Nacht nimmt mein Guide nichts weiter außer einer Nelkenzigarette zu sich. Ich kann mich immerhin zu einer Banane motivieren und trinke etwas Wasser.
Daraufhin erreichen wir einen nur noch leicht mit Sträuchern bewachsenen Hangbereich und in der einsetzenden Dämmerung stelle ich immer wieder aufs Neue erstaunt fest, wie sehr sich das Landschaftsbild mit zunehmender Höhe verändert. Eine Welt aus Feuer und Stein könnte man denken, schließlich sind wir auf einem Vulkan unterwegs! Und allein die Vorstellung, der in ihrer Gluthitze dickflüssig wabernden Lava, deren zu Stein gewordenen Reste wir entlang ausladender Asche- und Geröllfelder unterhalb des Gipfels passieren, sorgt regelmäßig für Gänsehaut.
Über erkaltete Lavaströme….
6 Uhr in der Früh. Der eigentliche Weg ist nun kaum noch zu erkennen und das letzte Stück unterhalb des Gipfels verläuft durch hellgraues, vulkanisches Geröll-Gestein, das immer wieder unter unseren Bergstiefeln nur zu dahinbröselt und jeden Schritt umso anstrengender macht. Dann, endlich kommen wir dem Gipfel nah, das Gestein zeigt mehr und mehr von seiner vulkanischen Herkunft, fühlt es sich mit der Hand auf dem Boden doch sogar noch ganz warm an.
… hinauf zum Gipfel
Schließlich nähern wir uns dem Gipfel aus Richtung Osten, mit dem aktiven Teil des Kraters westlich von uns gelegen. An einer markanten Stelle mit einem Gesteinsbrocken, der an einen Adlerschnabel erinnert (Puncak Garuda), machen wir jedoch zunächst einmal Halt und genießen für einen kurzen Moment nichts, als den atemberaubenden Ausblick:
Die weiten Ebenen um uns herum liegen derweil noch versteckt unter einer Decke aus leichtem Morgennebel und werden einzig durch die umliegenden Vulkankegel durchstoßen. Gegen 6:30 Uhr erreichen uns daraufhin die ersten wärmenden Sonnenstrahlen des hereinbrechenden Tages.
Rauch und Schwefel: der Krater ist nah
Der Vulkankrater indes liegt noch in einiger Entfernung von unserer jetzigen Position und zeugt mit aufsteigenden Rauchschwaden und einem latent in der Luft liegendem schwefligen Geruch von seiner Aktivität. Nach Auskunft des geologischen Instituts seien im Westen des Vulkanabhangs gar aktive Lavaströme zu sehen, sodass eine weitere Annäherung schlichtweg zu gefährlich wäre. Die Begehung von der Nord-Ost Seite hingegen stellt sich als voller Erfolg heraus – und so bleiben wir noch rund eine weitere Stunde vor Ort, genießen das Panorama, sammeln Kräfte für den bevorstehenden Abstieg und schießen nicht zuletzt unsere obligatorischen Erinnerungsfotos.
Sehr zu meinem Leidwesen, oder besser gesagt, zum Leidwesen meiner Knie, geht es schließlich im Abstieg ähnlich steil zur Sache, wie zuvor im Aufstieg. Nach rund 3 Stunden erreiche ich jedoch wohlbehalten das Hostel in Selo, packe meine Sachen und nehme den nächsten Bus in Richtung Yogyakarta, wo ich zunächst einmal dringend benötigten Schlaf nachhole. Unter dem Strich und mit etwas Abstand betrachtet, war dies schließlich nicht nur eine anstrengende und gleichermaßen spannende, ja, mehr noch, eine ganz besondere, erhabene Erfahrung, einmal im Leben leibhaftig auf einem aktiven Vulkan zu stehen und das Spiel der Naturgewalten so hautnah zu erleben…
Der Merapi
Höhe: 2.930 m
Prominenz: 1.356 m
Letzte Eruption: 10. März 2014
Latitude: 7.542°S
Longitude:110.442°E
Provinz: Jawa Tengah
One Comment on the Article
super seite omegalul