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Die Nachhaltigkeit bei Edelrid

Inhaltsverzeichnis

Innovation am laufenden Band – so könnte man den Allgäuer Hersteller von Kletterseilen, Gurten, Karabinern und anderer Sicherheitsausrüstung auf den Punkt bringen. Wobei der Begriff Innovation der Sache nicht immer gerecht wird, denn es sind nicht selten regelrechte Erfindungen, mit denen Edelrid von sich reden macht. In dieser Firma verbindet sich Berg- und Outdoor-Spirit mit oberschwäbischem Tüftlergeist zu einer einzigartigen Mixtur. Das zeigt sich auch in den vielen Auszeichnungen mit renommierten Branchenpreisen. Es vergeht kaum ein Jahr, ohne dass mindestens ein Outdoor Industry Award oder ein ISPO Award nach Isny im Allgäu geht.

Firmenportrait allgemein

Als eines der ältesten Bergsportunternehmen hat Edelrid einiges zur Ausrüstung des modernen Kletterns beigetragen.

Eine weitere Besonderheit ist die episch lange Firmenhistorie. Gegründet wurde die Litzen- und Kordelfabrik Edelmann + Ridder, kurz Edelrid, 1863 in Isny. Damit ist Edelrid nach dem Schweizer Unternehmen Mammut (gegründet 1862) das älteste bestehende Bergsportunternehmen der Welt. Edelrid brachte 1953 das erste Kernmantelseil auf den Markt und ließ 1964 das erste dynamische Seil folgen – zwei Errungenschaften, ohne die das moderne Klettern nicht denkbar wäre. Neben Bergsportausrüstung stellt das mittlerweile zu Vaude gehörende Unternehmen auch Produkte für die Industrie und Arbeitssicherheit her. Dabei fertigt der Traditionshersteller seine Hauptprodukte Seile, Schlingen und Gurte noch immer größtenteils in Isny. Zwar wird inzwischen auch im Ausland produziert, doch es gelten überall dieselben Produktions-, Sicherheits- und Qualitätsstandards.

Nachhaltigkeit bei Edelrid

Die Grundzüge der Firmenphilosophie umriss der 2017 verstorbene Brandmanager und Geschäftsführer Carsten von Birckhahn in einem Interview mit dem ISPO-Magazin von 2013. Unter der Headline „Erst das Konzept, dann die Marge“ erläutert er Alleinstellungsmerkmale, die Edelrid bis heute auszeichnen. Dazu gehören das Festhalten am Produktionsstandort Deutschland ebenso, wie die Strategie, Produktgüte und Reaktionsfähigkeit auf Marktentwicklungen über Gewinnmaximierung zu stellen. Bis heute erfolgt 60 Prozent der Produktion in Deutschland, darunter 100 Prozent der Seile.

Bei Klettergurten und Co. steht immer die Qualität und Sicherheit an erster Stelle. Das allein bedingt schon die hohen Produktionsanforderungen.

Der Grund dafür ist nicht bloßer Idealismus, sondern auch Pragmatismus:

Die Produktwelt von Edelrid ist sehr sensibel, da es sich zu großen Teilen um PSA-Produkte (Produkte zur persönlichen Schutzausrüstung) handelt. Der hohe Qualitätsanspruch, der an diese Produkte gestellt wird, ist in Asien nicht darstellbar. (…) Edelrid ist Produkt- und Innovations-getrieben, und dies geschieht vollumfänglich im Haus. Andere Marken sind Marketing-getrieben und fertigen Produkte in Asien. Oft gibt es hier eine Differenz zwischen Produktentwicklung und zurückkommendem Prototyp. Bei uns werden selbst die Produkte, die dann in der eigenen Produktion in Vietnam gefertigt werden, zu 100% in Isny entwickelt.

Auf die Frage nach dem Nutzen der Produktion nicht nur von Seilen, sondern auch Gurten in Deutschland und Europa antwortet von Birckhahn ebenfalls mit dem Hinweis auf die hohen Qualitätsanforderungen. Dieser dezent verpackten Kritik an der Konkurrenz folgt noch eine klare Breitseite:

Zum Verständnis: Bei Edelrid werden sämtliche Gurt-Materialien von den hochwertigen Rohstoffen der Bergseile abgeleitet. Dementsprechend ist ein hoher Qualitäts-Standard hier unumgänglich. (…) Dies ist ein anderes Niveau als bei Mitbewerbern, die in Fremdproduktion geben und nicht 100% Einsicht in die Herstellung haben.

Schon zu Zeiten dieses Interviews gehörte Edelrid zu VAUDE, einem weiteren nicht ganz unbekannten Familienunternehmen aus dem Allgäu. Die Zugehörigkeit zu dieser „Mutter“ beinhaltet natürlich auch deren starke Ausrichtung auf Nachhaltigkeit. Wobei Edelrid vor allem im Bereich Rohstoffe selbst schon ein hohes Nachhaltigkeitsniveau eingebracht hat. Wenn die Möglichkeit zu einem ökologischen Beitrag besteht, ist es laut von Birckhahn „unsere Verpflichtung gegenüber nachfolgenden Generationen dies auch zu tun.“

Umweltmaßnahmen

Mit Vaude als „Mutter“ steht Nachhaltigkeit oben auf der Liste.

Umweltschutz gehört zu den wichtigsten Unternehmenszielen. Man betont, dass die eigenen Maßnahmen deutlich über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen. Das Umweltengagement erfolgt zusammen mit der VAUDE Gruppe „schon seit vielen Jahren ohne viel Aufhebens und mit sehr viel Herzblut“. Man ist davon überzeugt, eine Vorreiterrolle übernommen und „einiges an Meinungsbildung innerhalb der Branche bewirkt zu haben“. Dabei agiert man als eines der wenigen verbliebenen, echten mittelständischen Familienunternehmen der Branche in einem Wettbewerb, „der inzwischen von finanzstarken Kapitalinvestoren dominiert wird“.

Das Umweltmanagement wird durch die Stelle des Umweltmanagement-Beauftragten „sowie durch verschiedene Arbeitsgruppen zu spezifischen umweltrelevanten Themen, z.B. Materialien, Produktionsverfahren, Sourcing, Umsetzung ökologischer Maßnahmen in der Verwaltung oder Arbeitsschutz“ verankert. Es ist Bestandteil des in den Unternehmensgrundsätzen festgeschriebenen Umweltprogramms, mit dem „das Engagement für die Umwelt in allen Aktivitätsbereichen kontinuierlich ausgebaut wird“.

Die Umsetzung des Umweltmanagaments erfolgt mithilfe eines aufwändigen, EMAS-zertifizierten Managementsystems. EMAS steht für Eco-Management and Audit Scheme und ist ein Label der EU, welches eine jährliche Umwelterklärung beinhaltet, die von EMAS-Gutachtern überprüft wird. Darin werden alle Umweltmaßnahmen beschrieben und hinsichtlich ihrer Wirkung analysiert.

Umwelterklärung

Bluesign-Zertifizierungen, Verzicht auf PFC und mehr lässt Edelrid in Sachen Nachhaltigkeit gut abschneiden.

Die Umwelterklärung für 2018/19 ist auf der Firmenhomepage abrufbar und gibt Mitarbeitern, Kunden und Geschäftspartnern auf 62 pdf-Seiten EMAS-geprüfte Auskünfte zu den Umweltschutzmaßnahmen. Sie beginnt mit einem Firmenkurzportrait und einem Abriss der Geschichte inklusive einiger Nachhaltigkeits-Meilensteine wie der bluesign-Systempartnerschaft als weltweit erster Seilhersteller 2008 und der Einführung eines neuen umweltfreundlichen Seilausrüstungsverfahrens 2009. 2018 folgten die Markteinführungen des ersten PFC-freien Seils und des ersten komplett zertifizierten bluesign-Gurts.

Unter Punkt 7.1 beginnt eine sich über 14 Seiten erstreckende Tabelle zu den erreichten und  laufenden Zielsetzungen seit 2007. Sie ist geordnet nach den Aspekten Energie (Beleuchtung, Heizung, Verkehr, …), Kommunikation (Marketing), Ressourcen (Papier, Abfall, …), Arbeitsschutz (Brand, Unfälle, …), Produkte und Produktion und Baumaßnahmen.

Es folgen Details und neuere Entwicklungen zum Bluesign-System unter Punkt 8. Edelrid ist seit  2008 bluesign-Systempartner und hat sich verpflichtet, langfristig textile Produkte nach dem bluesign System zertifizieren zu lassen. Seit Herbst 2011 werden alle Seile und Reepschnüre nach diesem System produziert und seit Sommer 2013 ist auch die Näherei in Isny von bluesign auditiert.  Mittlerweile umfasst die bluesign Kollektion „auch Schlingen und Klettergurte und erreicht damit einen Anteil von 38 % an der gesamten EDELRID Kollektion.“

Abschließend werden unter Punkt 9 im Dokument weitere Aktionsfelder wie Kommunikation und „Lobbyarbeit“, BaumInvest, Solaranlagen kurz angeschnitten. Dabei bleiben einige Maßnahmen unerwähnt, die an anderer Stelle auf der Firmenhomepage detaillierter vorgestellt werden. Dazu gehören:

PFC-freie Beschichtungen

Seit 2018 produziert und vertreibt man die weltweit ersten Seile mit einer PFC-freien Beschichtung. Diese hört auf den Namen Eco Dry und steht laut Edelrid den Hochleistungs-PFCs in nichts nach.

Recycling: Partnerschaft mit NewSeed

Auch bei den effizientesten Fertigungsverfahren von Kletterseilen fallen Reste an, die nicht weiterverarbeitet werden können. Diese Reste aus Polyamid werden durch das Unternehmen NewSeed einer neuen Nutzung zugeführt. NewSeed stellt aus diesen Seilresten neue, in Deutschland von Hand gefertigte Upcycling-Produkte wie Chalk Bags, Gürtel, Armbänder oder Turnbeutel her. So finden pro Jahr etwa zwölf Tonnen Polyamidabfall einen neuen Verwendungszweck.

Außerdem hat Edelrid seit kurzem mit dem NEO 3R das erste Seil auf dem Markt, dass zu 50% aus recycelten Altseilen besteht.

90% Biobaumwolle

In der Bekleidungskollektion erreicht Edelrid einen Anteil von 90 Prozent an zertifizierter Biobaumwolle, die fair und unter strengen ökologischen Auflagen (zu denen unter anderem auch der Ausschluss von Gentechnik gehört) hergestellt wird. Die restlichen 10 Prozent sind Funktionsfasern wie Elasthan, die vor allem der Pflegeleichtigkeit und Langlebigkeit dienen.

Externe Produktionsstätten/Zulieferer

Viele der Produkte von Edelrid werden unter strengen Qualitätskontrollen in Deutschland hergestellt. Foto: Christian Pfanzelt

Mit Geschäftspartnern, die Edelrid-Produkte herstellen, vereinbart man einen anspruchsvollen Code of Conduct, der hohe Standards in Sachen Sicherheit und Arbeitsbedingungen einfordert. Man fordert von allen größeren und zunehmend auch kleineren Lieferanten unter anderem eine Erklärung zu bestehenden oder geplanten Umweltmanagementsystemen an. Die Einhaltung aller Vereinbarungen und Erklärungen wird „durch – auch unangemeldete – Kontrollen eines Teams der bei der VAUDE-Gruppe angestellten `Quality Controllers´ … überwacht“. Die Produkte der Lieferanten lässt Edelrid durch externe Labore chemisch untersuchen.

Bluesign und Geschäftspartner

Edelrid strebt langfristige Geschäftsbeziehungen an und versucht „bestehende Geschäftspartner für eine bluesign-Zertifizierung und für die Verwendung von umweltverträglichen Materialien und Verfahren zu gewinnen“. Man ist der Ansicht, „dass über diese Überzeugungsarbeit bei den Produzenten viel zugunsten der Umweltstandards und Arbeitsbedingungen in produzierenden Drittländern erreicht werden kann.

#ClimbGreen

Mit dem Label „#ClimbGreen“ werden besonders umweltfreundliche Produkte auf den ersten Blick kenntlich gemacht. „Sie werden entweder aus nachhaltigen Materialien hergestellt oder heben sich durch eine besonders lange Lebensdauer hervor. Bei der Herstellung achten wir auf faire Arbeitsbedingungen in der gesamten Lieferkette.“

Was sagen Medien und Kritiker?

Keine übliche Lifestyle-Marke: Edelrid sorgt für den „harten Kern“ der Bergsportler.

Für Edelrid gilt hinsichtlich des Medienechos ähnliches wie für die ebenfalls hier im Basislager porträtierte Marke Arc’teryx: Man ist eine spezialisierte und eher kleine „Edelschmiede“, die wenig auf Massenmärkte und Massenpublikum abzielt. Die Produkte decken überwiegend den „harten Kern“ des Bergsports ab und weniger das breitenwirksame Lifestyle-Segment. Folglich ist auch das Medienecho gering, sowohl allgemein als auch in Bezug auf Nachhaltigkeit. In den einschlägigen Special Interest Magazinen und Branchenmedien werden meist einzelne Produkte und Innovationen beleuchtet und in aller Regel lobend hervorgehoben.

Dementsprechend findet Edelrid bei großen Nachhaltigkeitsblogs und Portalen wie Utopia oder Rankabrand bislang noch keine Erwähnung. Bei Rankabrand ist allerdings die „Mutter“ VAUDE als nachhaltigster Outdoorhersteller überhaupt bewertet (A-Rating). Man kann davon ausgehen, dass Edelrid als „Tochter“ sehr gut Schritt hält und bei einer genauen Durchleuchtung kaum schlechter abschneiden würde.

In puncto sozialer Nachhaltigkeit ergibt sich eine gute Positionierung fast automatisch, da der Anteil „problematischer“ Produkte wie Bekleidung relativ gering ist und ein Großteil der Produktpalette in regional verwurzelter Wirtschaft mit hohem Anteil an qualifizierter und gut bezahlter Arbeit entsteht.

Als Gesamteindruck bleibt ein Unternehmen, das bei der Umsetzung von Umweltzielen und sozialer Nachhaltigkeit keine Kosten und Mühen scheut – und das nicht erst seit gestern einen ambitionierten und glaubwürdigen Nachhaltigkeitsweg einschlägt.

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Bergfreund Stephan

„Flat is boring“, dachte ich mir als Kind des Flachlands immer. Bergsport war die Lösung des Problems. Aber nicht aller Probleme, wie ich beim Durchwursteln der Disziplinen von Bouldern bis Hochtouren herausfand. „Egal“, dachte ich mir und fühle mich heute bei alpinen Touren mit leichtem Gepäck sauwohl.

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