Infos zu Herstellern sind ganz unterschiedlich. Zu manchen gibt es einfach nichts zu berichten, sie machen schöne oder gute Produkte aber das war es dann auch.
Andere Hersteller engagieren sich in herausragendem Maße für nachhaltige Projekte, Umweltschutz oder für ihre Mitarbeiter und haben somit etwas zu erzählen.
Und dann gibt es die Hersteller, die zu den Pionieren auf dem Outdoormarkt zählen und seit Jahrzehnten nicht nur die Entwicklung der Produkte entscheidend vorangebracht und den Markt geprägt haben, sondern auch richtig viel zu erzählen haben.
Im Fall von Bergans ist es so viel, dass ich nicht so richtig weiß, wie ich alle Informationen in einen Blogbeitrag bringen soll, ohne den endlos lang zu machen. Ich werde es trotzdem versuchen. Also: Viel Spaß mit der Geschichte von Bergans und glaubt mir, hier gibt es viel Geschichte.
Es war einmal
Alles begann mit einem jungen Norweger namens Ole F. Bergan (1876-1956). Im Laufe seines Lebens brachte er mehrere Erfindungen auf den Weg, doch eine sollte ihn berühmt machen. Bei einem Jagdausflug 1908 kam er auf die Idee mit einem Wachholderzweig seinen Rucksack an seine Rückenform anzupassen und dadurch das Tragegefühl zu verbessern. Das funktioniert prächtig und nach dessen Vorlage aus Holz entwickelte er ein Tragegestell für Rucksäcke und meldete hierfür ein Patent an. Das Patent sah allerdings ein Gestell aus aus Stahlrohren und Riemen vor.
Der Großhändler Sverre Young wurde auf die Innovation aufmerksam und erkannte ihr Potential. Nach einigen Jahren der Zusammenarbeit mit Bergans erstand er das Patent für 1.500 Kronen um kurz darauf einen Großauftrag der tschechoslowakischen Armee an Land zu ziehen. Obwohl das Patent von rechts-wegen seines war, fuhr er nach Tonsber um den Gewinn mit Bergan zu teilen. Bergan schlug das Angebote jedoch mit den Worten „Ein Handel ist ein Handel“ aus.
Bergan kehrte nie in das Unternehmen zurück, sein Name blieb ihm aber bis heute erhalten.
Das Logo und sein Hintergrund
Als Vorlage zum Logo dient das Gemälde „Die Birkebeiner“ aus dem Jahr 1869 von Knud Bergslien. Das Bild zeigt die Birkebeiner Torstein Skevla und Skjervald Skrukka, die während des norwegischen Bürgerkrieges 1206 den kleinen Königssohn Håkon Håkonsson bergen. Wer sich bei dem Logo also schon öfters gefragt hat, was dieser Knuppel oberhalb des Schildes darstellt, das ist ein Kinderkopf.
1945 gingen die Nutzungsrechte für das Bild an Bergans über und wurde für die kommenden 50 Jahre in seiner Originalform als Logo genutzt. Heute kennzeichnet eine stilisierte Variante des Gemäldes die Produkte von Bergans (s.o.).
Die Produktpalette wird kontinuierlich ausgebaut
Bergans begründete seinen Erfolg mit Rucksäcken und baute ihn zunächst kontinuierlich aus. Nicht zuletzt das Patent von Bergans Tragesystem machte sie für 25 Jahre (die Dauer des Patentes) zum unangefochtenen Vorreiter in Sachen Rucksäcke.
Dennoch ruhte sich Bergans nicht auf seinen Lorbeeren aus. Im Laufe der Jahrzehnte kamen zahlreiche Produkte und Kategorien hinzu: Schlafsäcke, Kindertragen, Zelte, Kanus, Messer und Äxte, Ski-Bindungen, eine wachsende Kollektion an funktioneller Outdoor-Bekleidung und mein persönlicher Favorit: der Fishot (siehe Bild links). Es spricht sehr für Bergans, dass sie ihren größten Flop nicht verstecken sondern dazu stehen.
Rückschläge
Zwei Brände setzten der Firma seit ihrem Bestehen schwer zu. Der erste 1968 der großen Schaden anrichtete und der zweite, wesentlich verheerendere 1986, bei dem die Fabrik bis auf ihr Fundament nieder brannte und sprichwörtlich nichts übrig blieb außer ein paar Betonpfeiler.
Waren im Wert von 20 Mio. Kronen, das gesamte Warenlager für die Saison 1986/87 sowie sämtliche Produktionsmuster wurden zerstört. Wie sich durch die Katastrophe herausstellte, war das Unternehmen unter versichert was zu einer desolaten finanziellen Situation führte. Durch die fehlende Kollektion büßte Bergans außerdem viele Marktanteile an andere Marken ein, die mühsam zurückerobert werden mussten.
Zwar wurde der Betrieb schnell wieder aufgebaut, ein wirtschaftlicher Betrieb gelang jedoch nicht, weswegen die Fabrik in Nord-Odal 1990 stillgelegt wurde.
Erfolge und Engagement
Von Beginn an engagierte sich Bergans bei der Ausrüstung von Expeditionen. Zu ihren bekanntesten Sportlern zählen der erste erfolgreiche Südpol-Bezwinger Roald Amundsen, der Mount Everest-Pionier Sir Edmund Hillary nutzte die Tragestelle von Bergans zum Transport seiner Sauerstoffflaschen und mit Rune Gjeldnes, Cecilie Skog und Ryan Waters waren Sportler aus unserer Zeit mit Ausrüstung von Bergans im Eis unterwegs. Hinzu kommen noch zahlreiche andere Sportler und Expeditionen, aber wir wollten uns ja kurz fassen.
Seit 2009 engagiert sich Bergans als Mitglied der Initiative für ethisch korrekten Handel (IEH) und erfüllt außerdem die Auflagen des norwegischen Umweltsiegels „Miljøfyrtårn“ (Umweltleuchtturm oder Eco-Lighthouse).
Bergans heute
Der Hauptsitz von Bergans liegt in Hokksund, etwa 60 km südwestlich von Oslo. Zur Zeit arbeiten etwa 100 Mitarbeiter an der Entwicklung, Forschung, Design, Verwaltung und Verkauf der Bergans Produkte.
Zentrum und Herz der traditionsreichen Firma bilden das Hauptlager für den norwegischen Markt, die Näherei, das Labor als auch die in der Nähe angesiedelte Produktion der Ally-Faltkanadier.
Der Verkauf in den deutschsprachigen Märkten und das EU-Lager „sitzen“ in Norderstedt bei Hamburg und werden von einer Tochtergesellschaft geleitet. Sie ist auch für die Distribution in den wachsenden europäischen Markt verantwortlich.
Geballte Geschichte
Wen dieser Auszug (und viel mehr ist es tatsächlich nicht) neugierig gemacht hat, der kann sich auf der Seite von Bergans die komplette Historie von Bergans durchlesen. Ist sehr interessant und vor allem gespickt mit vielen schönen Bildern.
One Comment on the Article
Hallo, kann ich die Birkebeiner auf der Flucht als Poster bei euch erwerben.