Wir laufen spät am Nachmittag auf dem breiten Sandstrand von San Vicente in Richtung Parkplatz, wo unser Camperbus geparkt steht. Noch im Neoprenanzug und mit dem Surfbrett unter dem Arm sehen wir, wie die Berge ein traumhaftes Gipfelpanorama in der Abenddämmerung malen. Die Anziehungskraft der Picos de Europa ist spürbar. Der Neoprenanzug muss aus, es ist Zeit um in die Wanderschuhe zu schlüpfen. Den Strand lassen wir schnell hinter uns und eine halbe Stunde später stehen wir mitten im Picos Gebirge.
Der Nationalpark Picos de Europa ist ein Kalkstein-Massiv im kantabrischen Gebirge Nordspaniens. Mit seinen elf Ortschaften ist er der einzige bewohnte Nationalpark Spaniens und es befinden sich auf seiner geringen Fläche 200 Gipfel, die über 2000 m in die Höhe ragen (höchster Gipfel: Torre de Cerredo 2648 m). Das Gebiet erstreckt sich über die drei Provinzen Asturien, Kantabrien und Kastilien-Leon. Seltene Tierarten, wie der Braunbär, iberischer Wolf oder der Rothirsch sind hier, wenn auch sehr rar und selten zu sehen, zu Hause.
Ausgestattet mit zahlreichen Wander-, Kletterrouten und auch Klettersteigen (Via Ferrata), bietet das Picos de Europa für Bergliebhaber einiges an Abwechslung. Aber auch wer gerne Essen geht und gemütlich durch kleine idyllische Gassen schlendert, kommt hier auf seine Kosten. Das bekommt man in den Sommermonaten gut zu spüren, denn es kann hier ziemlich voll werden. Unsere Empfehlung ist es in der Nebensaison hinzugehen (Juli & August vermeiden), um sowohl optisch als auch akustisch, richtig die Natur genießen zu können.
Wie komme ich ins Picos Gebirge?
Das Picos Gebirge liegt ziemlich abgelegen und es gibt zwei Hauptzugangswege von außerhalb der Region. Einer von Oviedo (erreichbar mit Flugzeug, Bus oder Zug) und der andere von Santander (erreichbar mit Flugzeug, Fähre, Bus oder Zug). Durch die isolierte Lage ist das Gebiet am einfachsten mit einem Auto erreichbar. Wer nicht über ein eigenes Transportmittel verfügt, kann alternativ mit dem Bus fahren. Beachtet hier aber dabei, dass die Busse nur sehr selten und unregelmäßig fahren. Vom Süden kommend, dem Örtchen Fuente Dé aus, kann auch mit der Seilbahn mitten ins Gebirge gefahren werden.
Wo verbringe ich die Nacht?
Es existiert ein gutes Netzwerk an Berghütten und Übernachtungsmöglichkeiten, die eine mehrtägige Wandertour ermöglichen oder um einfach ein paar Tage oben in den Bergen verweilen zu können. Die Öffnungszeiten können variieren und es ist anzuraten, im Voraus mit der Unterkunft Kontakt aufzunehmen. Die meisten von ihnen bieten sogar einen Essens-Service an. Ein eigener Schlafsack ist dabei Voraussetzung.
Manche Unterkünfte erlauben es sogar, nebenan sein Zelt aufzustellen. Wildcampen ist NUR oberhalb 1600 Höhenmetern für eine Nacht erlaubt und das Zelt darf frühestens eine Stunde vor Sonnenuntergang aufgebaut werden und muss spätestens eine Stunde nach Sonnenaufgang wieder abgebaut sein. Ansonsten gibt es auch ein paar private Campingplätze in Potes, Soto de Cangas, Avin, Fuente Dé, Santa Marina de Valdeón und Arenas de Cabrales.
Wer nicht auf dem Berg übernachten möchte, kann sich ein Hotelzimmer in einer der Städte im Picos Gebirge nehmen, wie zum Beispiel in dem schönen Städtchen Potes. Das Picos Gebirge gilt allgemein als beliebtes Erholungsgebiet. In jeder Ortschaft steht somit eine gute Auswahl an Hotels und Pensionen zur Verfügung.
Unsere Route vom Canal del Urdon nach Tresviso
Die Tour startet am Canal del Urdon, der gut mit dem eigenen Fahrzeug erreichbar ist. Geparkt werden kann hier direkt am Fluss, es hat Platz für ca. 20 Autos. In der Hochsaison empfiehlt es sich früh vor Ort zu sein. Sonst muss man auf andere Parkmöglichkeiten ausweichen, die etwas weiter entlang des Flusses gelegen sind.
Der Startpunkt der Route ist gut sichtbar ausgeschildert und auch der Weg nach oben ist ohne Probleme zu finden. Immer den weiß-orangenen Markierungen hinterher.
Ein paar Facts zur Tour:
- Länge: 6 km, eine Strecke (kein Rundwanderweg)
- Anstieg: knapp 1000 hm
- Dauer: ca. 3 h
- Schwierigkeit: gut begehbare Trails, meist steinig & viel Geröll, gute Ausdauer und Trittsicherheit erforderlich
- Übernachtungsmöglichkeiten und Restaurant am Zielort (Tresviso)
Und los geht es…
Zu Beginn geht es am Fluss (Rio Urdon), zwischen den Felswänden, entlang. Aber schon schnell schlängelt es sich in Serpentinen nach oben und der Weg wird immer steiniger. Lange Zeit laufen wir auf losem Geröll, was auf Dauer ziemlich in die Beine geht. Wer es auf diesem Untergrund eindeutig einfacher hat, sind die Bergziegen, denen wir auf dem Weg begegnen. Scheu sind sie überhaupt nicht, sondern sie liegen teilweise mitten auf dem Wanderweg – haben uns zum Vorbeilaufen aber schön Platz gemacht.
Das erste Drittel der Tour laufen wir noch angenehm im Schatten, bevor es dann vor der Felswand sehr warm wird und wir ordentlich ins Schwitzen kommen. Wenn Ihr im Hochsommer unterwegs seid, kann es schnell eine heiße Angelegenheit werden. Es lohnt sich also nicht nur wegen der Parkmöglichkeiten früh aufzustehen.
Die Felswände bauen sich immer beeindruckender vor uns auf, je höher wir kommen. Dabei beobachten wir viele Geier, die hier an den Felswänden zu Hause sind und dort ihre Runden drehen. Einige Zeit lang schauen und hören wir den Vögeln zu und sind ganz beeindruckt von dieser vielfältigen und eleganten Tierwelt.
Zu unserer Freude kommen wir auf der Route nach oben an einem Brunnen vorbei. Nach dem steilen Anstieg in der Sonne kommt uns das gerade Recht. Wir erfrischen uns, stillen unseren Durst und die Trinkflaschen werden nochmal aufgefüllt. Bereit für das letzte Stück nach oben.
Die steinigen Trails werden mehr und mehr durch Wurzeln und Erde abgelöst. Wir können nur staunen, als wir plötzlich in einer grünen Oase angekommen sind. Das hatten wir nach dem steinigen Aufstieg vor der Felswand nicht erwartet.
Eine kurze Pause im kleinen Dorf Tresviso
Jetzt sind es nur noch ein paar Meter bis in das Dörfchen Tresviso, eines der bewohnten Dörfer des Nationalparks. Mit seinen knapp 70 Einwohnern ist es bekannt für seinen leckeren Blauschimmelkäse (Picón Bejes-Tresviso).
Der Boden und das regnerische, milde Klima geben hier die perfekten Bedingungen für Viehhaltung und Käseherstellung. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts lebten die Einwohner fast ausschließlich als Selbstversorger, bis dann nach und nach, durch die Entstehung des Nationalparks, immer mehr Tourismus, in Form von Ferienwohnungen und Restaurant, dazugekommen sind.
Wir sind direkt verzaubert von dem kleinen, romantischen Dörfchen, in dem die Zeit gefühlt etwas langsamer vergeht. Hier oben auf der Terrasse des Restaurant El Redondal, genießen wir den Blick ins Tal und probieren wir selbst den lokalen Käse, der uns einen richtigen Gaumenschmaus bereitet hat. Diese Wanderung lohnt sich also umso mehr für die Käseliebhaber unter Euch. Wem die Kraft ausgeht, oder mehr Zeit in Tresviso verbringen möchte, dem stehen Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung (es empfiehlt sich im Voraus zu buchen).
Für uns geht es aber, gut gestärkt, auf den Rückweg. Durch das lose Geröll ist hier mehr Konzentration und Trittsicherheit erforderlich als beim Hinweg und nach der Hälfte des Abstiegs fangen die Oberschenkel an zu brennen. Die Route hat es zwar in sich, lohnt sich dafür umso mehr. Vor allem haben uns die landschaftliche Vielfalt und die atemberaubenden Ausblicke beeindruckt. Erledigt und mit vielen tollen neuen Eindrücken kommen wir wieder gut unten an.
Eins ist uns klar. Nicht nur der leckere Käse in unserem Gepäck, sondern auch das Picos Gebirge schmeckt nach mehr!
Andere Wanderrouten
Rundweg Potes – Picu Cutriales
- Route: Potes (300 m) — Frama — Picu Cutriales (860 m) — Tudes — Santiago de Porcieda — Potes
- Länge: 15 km
- Anstieg: 622 hm
- Dauer: 5 h
- Schwierigkeit: leicht
- Einkehrmöglichkeit
Beschreibung der Route:
Auf Euch wartet eine reizvolle Landschaft mit historischen Dörfern und sehenswerten Ausblicken auf die Südseite der Picos de Europa. Die Route verläuft, hinter Tudes, auf dem alten Pilgerweg von León nach Santo Toribio. Sie führt Euch an den Ruinen des Klosters von Santiago de Porcieda vorbei. Zurück geht es dann durch den größten Korkeichenwald Kantabriens wieder in das Städtchen Potes.
Über Potes:
Das Örtchen Potes liegt, mit seinen knapp 1500 Einwohnern, am Rande des Nationalparks Picos de Europa, in einer landschaftlich reizvollen Gegend. Es herrscht hier, für die Region sehr untypisches, mediterranes Wetter, wegen seiner geschützten Lage.
Zum Großteil besteht Potes aus alten traditionellen Steinhäusern mit Holzbalkonen und es wird hier viel Kunsthandwerk und Spezialitäten aus der Region verkauft. Ein idealer Ort zum bummeln, essen gehen und als Ausgangspunkt für Touren in die Picos.
Ruta del Cares
- Route: Cain de Valdeon — entlang des Rio Cares — Poncebos
- Länge: 21,4 km
- Anstieg: 661 hm
- Dauer: 7 h
- Schwierigkeit: mittel (gute Kondition erforderlich und keine Höhenangst)
- Kein Rundwanderweg
- Einkehrmöglichkeit
Beschreibung der Route:
Es ist die berühmteste Route der Picos de Europa, die sich entlang des Flusses Cares schlängelt. Man wird zwischen Bergen wandern, die sich mehr als 2000 m nach oben ragen, Brücken überqueren, welche beide Seiten der Schlucht verbinden und durch unzählige in den Fels gehauene Tunnels gehen.
Da diese Route natürlich sehr beliebt ist, lohnt es sich auf jeden Fall früh dran zu sein.
2 Comments on the Article
Toller Bericht, der macht Lust auf eine Wanderung. Wenn ich in der Nähe bin schau ich mir auf jeden Fall das kleine Bergdörfchen an. Vielen Dank für die Eindrücke.
Hey, ich bin Tom ,würde gerne wissen, wer der Autor dieses Artikels war. Bin begeistert über dieses wunderschöne Berg Panorama und die Natur, sowie deinen tollen Bericht , mit vielen Extras , wenn ich doch Mal beruflich nach Port. oder dort hin kommen sollte, schaue ich mir Tresviso und Puente Deva unbedingt Mal an. Danke dafür .