Früher war es so einfach. Es gab den Achter und den HMS-Knoten und damit hatten sich die Wahlmöglichkeiten für den Sichernden auch schon erschöpft.
Mit der Zeit aber haben Hersteller, Kletterverbände und Kletterer gehörig dazu gelernt. Sicherungsgeräte haben sich ganz wesentlich weiter entwickelt und sind – auf den Punkt gebracht – sicherer geworden. Doch damit nicht genug, die Anzahl der verfügbaren Modelle und unterschiedlichen Systeme hat sich entscheidend erhöht, was die Auswahl nicht unbedingt leichter macht – und bei dem einen oder der anderen erst einmal für Verwirrung sorgt. Doch keine Angst, wir bringen Licht ins Dunkel!
Damit Du weißt, welches Sicherungsgerät ideal zu Dir passt und welches die jeweiligen Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Systeme sind, hier ein kleiner Überblick. Nach einer Studie des DAV sicherten im Jahr 2012 58,3% der Kletterer mit einem Tuber, 8% mit dem HMS und lediglich 1,3% verwendeten noch einen Achter für die Sicherung. Halbautomaten haben sich gleichzeitig bereits fest in Kletterhallen etabliert.
Wo aber genau liegen die Unterschiede zwischen den Geräten und wer braucht welches?
Was macht das Sicherungsgerät?
Bei einem Sturz oder beim Ablassen des Kletternden zieht dessen Gewicht am Sicherungsseil. Da wir mit bloßer Hand diesen Zug nie halten könnten, brauchen wir ein Gerät, das uns dabei unterstützt.
Wie groß diese Unterstützung der Handkraft – also die Bremskraft – ist, hängt von der Geometrie des Sicherungsgerätes und von vielen weiteren Faktoren ab: Wie dick ist das Seil, Beschaffenheit des Mantels (neu oder alt, imprägniert oder nicht etc.). Je höher die Bremskraft des Sicherungsgerätes, desto weniger Handkraft braucht der Sichernde.
Welch enormen Kräfte bei einem Klettersturz auftreten können, wie diese wirken und wie man die Unfallgefahr verringern kann, verdeutlichen Dir unsere Online-Rechner zur Fangstoßkraft (Sturzfaktor) und Aufprallkraft.
Dynamische Sicherungsgeräte
Dynamische Sicherungsgeräte heißen so, weil sie eine dynamische Sicherung ohne die Einbeziehung des Körpers ermöglichen. Besonders beim Vorstiegssichern ist es wichtig, den Kletterer dynamisch zu sichern, also ihn bei einem Sturz nicht abrupt abzubremsen. Kletterseile fangen zwar schon reichlich Sturzkraft ab, trotzdem ist es (in der Regel) angeraten, dynamisch zu sichern, um Verletzungen durch einen Sturz vorzubeugen. Natürlich nur, wenn das Gelände und die Höhe des Kletterers eine dynamische Sicherung zulassen.
Ist der Kletterer schwerer als der Sichernde, stellt das meist kein Problem dar, wird der Sichernde doch einfach ein Stück mit hochgezogen. Dadurch ergibt sich automatisch eine weiche Sicherung.
Ist der Kletterer allerdings gleich schwer oder leichter als der Sichernde, muss Letzterer aktiv mitarbeiten, damit der Kletterpartner sanft abgebremst wird. Das erfolgt einmal durch den Körper, indem man einen Schritt vor geht.
Der Sichernde hat bei einem dynamischen Sicherungsgerät zudem die Möglichkeit, noch ein wenig Seil durch das Sicherungsgerät zu geben, bevor er „zu macht“. Für diese Art des Sicherns braucht es aber einiges an Erfahrung und Übung. Auf keinen Fall darf dabei das Bremshandprinzip (eine Hand bleibt immer am Bremsseil) verletzt werden.
Als dynamische Sicherung versteht man heute nach wie vor die Halbmastwurfsicherung (HMS), das Sichern mit einem Tube, ebenso wie mit dem Achter.
Halbautomatische Sicherungsgeräte
Bei halbautomatischen Sicherungsgeräten hingegen hat man diese Möglichkeit der dynamischen Sicherung nicht, da der Halbautomat über eine Blockierunterstützung verfügt. Bei Belastung wird das Seil komplett blockiert und eine dynamische Seilausgabe ist nicht mehr möglich. Der Sichernde muss in diesem Fall wesentlich mehr mit dem Körper arbeiten, um dem Kletternden einen weichen Fall zu liefern.
Der Vorteil von Halbautomaten ist, dass sie einige menschliche Fehler (z.B. Unaufmerksamkeit) ausgleichen. Der größte Vorteil ist aber sicher, dass man kaum noch Handkraft braucht, um das Sicherungsseil halten zu können. Das ist nicht nur sehr angenehm, wenn der Kletterer schwerer ist als man selbst, sondern auch, wenn der Kletterpartner gerne länger in Routen projektiert.
Leider taugen nicht alle Halbautomaten für den alpinen Bereich. Aber dazu später mehr.
Aktuelle Modelle: GriGri+, GriGri2, Matik, Eddy
Autotuber
Beim Autotuber wirkt sich die Position der Bremshand auf die Bremswirkung aus. Ist die Bremshand an der richtigen Stelle, wird beim Autotuber das Seil komplett blockiert. Hier unterscheidet sich der Autotuber auch vom Tube, bei dem selbst bei höchster Bremswirkung des Gerätes noch immer Handkraft benötigt wird.
Ein weiterer Punkt ist, dass herkömmliche Tuber nur eine zuverlässige Bremskraft entwickeln, wenn sich die Bremshand unterhalb des Sicherungsgeräts befindet, also der Winkel zwischen Führungs- und Bremsseil größer 90° ist. Autotuber bilden ihre Bremswirkung schon deutlich früher aus. So tritt eine Bremskraft ab einem Winkel von 10° bis 45° auf.
Aktuelle Modelle: Fish, Smart, Mega Jul, Jul2, Ergo Belay, Click Up
Einen ausführlichen Artikel zu den Unterschieden zwischen Halbautomaten und Autotubern und was die Empfehlung des DAV ist, findest Du hier.
Vorstellung einiger Sicherungsgeräte
Da es inzwischen wirklich viele Sicherungsgeräte gibt, aber die Gängigsten von fast allen Kletterern verwendet werden, werden wir uns auf diese konzentrieren. Natürlich sind das nicht die einzigen Sicherungsgeräte auf dem Markt, aber es sind die gängigsten, die das Spektrum der benötigten Funktionen vollkommen abdecken. Vorhang auf, hier kommen sie.
Der Tuber (dynamisch)
Laut Kletterhallenumfrage des DAV von 2012 wird der Tuber von 58,3% der Kletterer verwendet. Der Tuber ist nicht unbedingt die Mutter aller Sicherungsgeräte, aber manchmal kommt es einem so vor. Die seinerzeit noch Sticht-Sicherung genannte Methode wurde 1967 von dem Franken Fritz Sticht erfunden und 1969 von der Firma Salewa vermarktet. (Nachtrag vom 11.06.2015)
Umgangssprachlich wird der Tube auch als ATC bezeichnet, auch wenn das eigentlich ein Modell von Black Diamond ist (ähnlich wie beim Tempo-Taschentuch). Inzwischen gibt es unzählige Varianten des Tubers: Für einen Seilstrang, für zwei, mit Ösen fürs alpine Klettern, mit Keilführung fürs Seil etc. Und auch wenn der Tube teilweise als nicht mehr zeitgemäß betrachtet wird, hat er doch vor allem im alpinen Bereich (ATC Guide, Reverso 4) weiterhin seine Daseinsberechtigung.
Vorteile: Das Seilausgeben und -einnehmen geht schnell und einfach vonstatten, so wie die gesamte Handhabung. Es ist ein seilschonendes Sicherungsgerät, ermöglicht die dynamische Sicherung und kann je nach Modell zum alpinen Nachsichern sowie fürs Abseilen verwendet werden. Mit anderen Worten, ein bisschen das Schweizer Taschenmesser unter den Sicherungsgeräten.
Nachteile: Der Sichernde braucht relativ viel Handkraft und der Tuber verzeiht Unaufmerksamkeit nur schwer. Außerdem hat die Bremshandposition Einfluss auf die Bremswirkung des Geräts. So muss das Bremsseil immer nach unten gehalten werden, da eine zuverlässige Bremswirkung erst ab einem Winkel von 90° zum Führungsseil eintritt.
Sicherungsfehler können schnell zu schweren Unfällen führen. Dies ist mitunter einer der Gründe, warum Tubes im Hallengebrauch stark im Mittelpunkt der Diskussion um Sicherheit im Klettersport stehen (vgl. DAV 2015: Wie passieren Unfälle in Kletterhallen?). Einige Hallen sind infolgedessen dazu übergangen, dieses Sicherungsgerät zugunsten anderer (halbautomatischer) Geräte gänzlich zu verbieten.
HMS (dynamisch)
HMS ist die Abkürzung für Halbmastwurfsicherung, also die Sicherung mit dem Halbmastknoten und einem Karabiner. Gehört eigentlich zum Basiswissen eines jeden Kletterers, wird aber inzwischen nicht mehr überall gelehrt. Spätestens wenn es raus an den Fels geht, sollte man ihn jedoch können.
Vorteil: Sehr einfach zu lernen, braucht wenig Material, weil kein weiteres Sicherungsgerät nötig ist.
Nachteil: Es gibt zwei Varianten, was häufig zu Verwirrung führt. Das Umsteigen auf den Tuber kann zudem schwierig sein und die Sicherungsmethode ist leider bei falscher Handhabung schlecht fürs Kletterseil (Krangelbildung).
Smart, Jul 2, Fish (Autotuber)
Mittlerweile ist der Smart von Mammut eines der beliebtesten Sicherungsgeräte. In der Anschaffung recht günstig, und auch für Kinder einfach zu bedienen. Außerdem ist der Bewegungsablauf beim Smart dem eines Tubers sehr ähnlich, was ein Umsteigen einfach macht. Er wird zwar gerne als Halbautomat bezeichnet, ist aber keiner. Unter gewissen Bedingungen blockiert er zwar und die Bremskraftunterstützung ist sehr hoch, aber er ist offiziell kein Halbautomat – und dynamisch ist er auch nicht. Daher werden Sicherungsgeräte dieser Art als Autotuber oder etwas sperriger als handkraftunabhängige Bremskraftverstärker bezeichnet. Also als dem Tuber ähnliche Sicherungsgeräte, die bei richtiger Handhabung teilblockieren.
Vorteil: Seilschonend, einfach zu bedienen, in der Anschaffung recht günstig. Auch hier ist die Bremshandposition entscheidend. Jedoch wurde der Winkel gegenüber den Tubern auf 10° reduziert. Das heißt: Sobald zwischen Führungs- und Bremsseil mindestens ein Winkel von 10° vorhanden ist, tritt bei diesen Autotubern eine Bremswirkung ein.
Nachteile: Das Seilausgeben beim Vorsteigen ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, aber das hat man schnell raus.
Weitere Sicherungsgeräte: Das Jul 2 von Edelrid und der Fish von Austri Alpin, sind zwei Geräte, die dem Smart in Funktion und Handhabung sehr ähnlich sind. Auch sie bremsen das Seil bei richtiger Bedienung unabhängig von der Handkraft des Sichernden. Darüber hinaus gibt es das Jul und den Smart auch noch in einer Alpinversion. So können der Smart Alpin und das Megajul auch bei alpiner Kletterei eingesetzt werden. Das Nachsteigsichern vom Standplatz aus ist mit diesen Geräten problemlos möglich, ebenso das Abseilen am Doppelstrang.
GriGri2, GriGri+ und Matik (Halbautomat)
Das GriGri2 ist von den Halbautomaten wohl am häufigsten an der Wand zu treffen. Seltener sieht man auch noch die Vorgängerversion das „alte“ GriGri1. Es ist etwas größer und kann nicht so gut mit den modernen, dünnen Seilen. Generell unterscheiden sie sich in der Bedienung nur unwesentlich. Verglichen mit Tubern oder Autotubern ist die Bedienung des GriGri etwas komplizierter, daher wird er eher gerne als Fortgeschrittenen-Gerät bezeichnet. Da die GriGri automatisch „zu machen“ das Seil also selbsttätig blockieren, gelten sie als sehr sicher. Bei falscher Bedienung kann dieser Mechanismus jedoch vom Sichernden blockiert werden, sodass die Bremswirkung gänzlich entfällt. Aus diesem Grund ist es wichtig, das Seilausgeben (Gaswerkmethode) sowie das Seileinnehmen (Tunneln) mehrfach zu üben, bis man es sicher kann. Beherrscht man alle Handgriffe, handelt es sich beim Grigri um ein sehr angenehmes und zuverlässiges Gerät, vor allem auch dann, wenn der Kletterpartner gerne mal projektiert…
Eine Weiterentwicklung des GriGri2 stellt das GriGri+ dar. Dieses verfügt sowohl über eine Vorstiegs- als auch über eine Nachstiegsfunktion und wurde obendrein mit einem Ablasshebel mit Paniksperre versehen. Weitere Infos zum GriGri+ haben wir übrigens für euch in einem eigenen Artikel zusammengefasst.
Vorteile: Sehr sicher, super fürs Projektieren, gleicht viele menschliche Sicherungsfehler aus.
Nachteile: Er ist recht teuer und schwer, braucht in der Bedienung etwas Übung und Routine. Wenn man es falsch bedient, ist es mit der Sicherheit schnell vorbei.
Ähnliche Sicherungsgeräte: Das Matik von Camp ist der GriGri-Familie in der Bedienung vergleichsweise ähnlich. Auch hier wird bei richtiger Bedienung das Seil quasi von selbst blockiert. Allerdings kann das Seilausgeben ein wenig fummelig werden und sollte daher ausreichend geübt werden.
ClickUp (Autotuber)
Den Namen hat es von dem Geräusch, das ertönt, wenn es „zu macht“. Das ClickUp ist ein sehr zuverlässiges Sicherungsgerät und daher auch sehr beliebt in der Halle. Allerdings funktioniert das ClickUp nicht mit allen Karabiner-Formen, daher wird es nur noch im Set mit passendem Karabiner verkauft. Verwendet man diesen nicht und einen unpassenden anderen Karabiner, kann der Blockiermechanismus außer Kraft gesetzt werden.
Vorteile: Einfach zu bedienen und in der Anschaffung nicht so teuer wie das GriGri2.
Nachteile: Funktioniert nicht mit allen Karabinern, ist etwas gewöhnungsbedürftig, das Ablassen ist für Menschen mit kleinen Händen anfangs etwas schwierig. Auch hier ist die Bremshandposition entscheidend. Es braucht mindestens einen Winkel von 45° zwischen ausgegebenem Seil und Bremsseil, um eine zuverlässige Bremswirkung zu erzielen. Das ist selbstverständlich besser als bei herkömmlichen Tubern, aber eben auch schlechter als bei Smart, Fisch und Co.
Edelrid Ohm (vorgeschalteter Widerstand)
Auch dem Thema Gewichtsunterschiede beim Klettern wird inzwischen aktiv begegnet. Mit dem Edelrid Ohm gibt es ein Gerät am Markt, mit Hilfe dessen die Reibung am Sicherungsseil erhöht und somit die auftretende Energie bei einem Sturz herabgesetzt wird. Das Ohm wird anstatt einer gewöhnlichen Expressschlinge in den ersten Haken einer Route eingehängt. Bei einem Sturz kommt Zug auf das Seil, wodurch das Ohm nach oben gezogen wird und so für erhöhte Reibung auf dem Seil sorgt. Wirkende Kräfte werden teilweise in den Haken abgeleitet und beim Sichernden kommt weniger Energie an. Wenn ihr euch für die genauere Funktionsweise des Ohms sowie die Vor- und Nachteile dieses Geräts interessiert, findet Ihr hier alle wichtigen Infos.
Vorteile: Sturzenergie wird teilweise auf den ersten Haken abgeleitet, wodurch weniger Energie beim Sichernden ankommt. Auch Personen mit großem Gewichtsunterschied können miteinander Klettern.
Nachteil: Das Ohm ist mit seinen 481 g recht schwer. Außerdem muss das Seil bereits am Boden in das Gerät eingelegt werden. Beim Ablassen ist es wichtig, dass das Gerät wieder abgebaut wird.
Achtung: Das Ohm von Edelrid ist kein alleiniges Sicherungsgerät. Es ist lediglich ein Vorschaltwiderstand. Aus diesem Grund muss auch bei der Verwendung des Ohms immer mit einem geeigneten Sicherungsgerät gesichert werden.
Haltbarkeit von Sicherungsgeräten
Hier sollte man auf jeden Fall die Angaben des Herstellers beachten. In der Gebrauchsanweisung des Sicherungsgerätes steht drin, welche Nutzungsdauer der Hersteller empfiehlt.
Trotzdem sollte man sein Sicherungsgerät regelmäßig nach Beschädigungen oder deutlichen Abnutzungsspuren absuchen. Treten diese auf, sollte man über ein Neues nachdenken. Ebenso wenn einem das Sicherungsgerät mehrere Meter tief auf einen harten Untergrund fällt. Im Zweifelsfall gilt wie bei allen sicherheitsrelevanten Produkten: wenn man sich nicht mehr sicher ist, dann lieber austauschen.
Sind die denn alle sicher?
Sofern man sie richtig bedient, sind alle hier vorgestellten Geräte sicher. Denn vom Material und der Funktionsweise her braucht man sich keine Gedanken zu machen. Und die Hauptunfallursache ist laut der DAV Sicherheitsforschung immer noch menschliches Versagen beim Sichern. Manche Sicherungsgeräte haben allerdings eine höhere Toleranz gegenüber Fehlern als andere. Was auch der Grund ist, warum inzwischen gerade für Kletteranfänger Autotuber bzw. Halbautomaten empfohlen werden. Bleibt man beim reinen Sportklettern, vor allem in der Halle, macht das auch wirklich Sinn. Aber wie gesagt, von Haus aus sind sie alle sicher, solange sie richtig bedient werden.
Deshalb nicht vergessen: immer den Partnercheck machen, aufmerksam sein und das Sicherungsseil nie loslassen (Bremshand-Prinzip!). Sieht zwar echt lässig aus, wenn man mit beiden Händen dem Kletterpartner sagt, wie er den Zug klettern soll, während der Fuß das Sicherungsseil auf dem Boden blockiert, aber eigentlich ist es ziemlich bescheuert – und gefährlich!
Und noch etwas, denn leider muss man es doch immer wieder aussprechen: Richtig sichern lernen ist das A und O, damit der Sport sicher betrieben werden kann. Dazu gehört, dass man ein Sicherungsgerät richtig anwenden lernt und die Möglichkeit hat, dessen Anwendung zu üben. Besonders das dynamische Sichern von Stürzen muss unbedingt unter kontrollierten Bedingungen geübt werden. Daher immer erst einen Kurs machen und sich das Sichern von einem Fachmann oder -frau zeigen lassen und nicht auf eigene Faust à la „ich habe da ein Video auf YouTube gesehen.“
Welche Sicherungsgeräte für welchen Zweck?
Aufgrund der spezifischen Vor- und Nachteile jedes Geräts kann es keine allgemeingültige Empfehlung geben. Vor allem die bevorzugte Art der Kletterei (nur Halle, nur Sportklettern…) ist entscheidend für die Auswahl, aber auch viele weitere Kriterien, von denen einige im ersten Artikelabschnitt erwähnt sind.
Hinzu kommen noch die Kriterien des Seildurchmessers und der Seilart. Bei dicken Einfachseilen kann das Handling besonders bei Halbautomaten unangenehm werden, da man das Seil nur schwer durchs Gerät bekommt. Bei dünneren Seilen sowie Halb- und Zwillingsseilen muss unbedingt darauf geachtet werden, dass der Seildurchmesser für das gewählte Sicherungsgerät zugelassen ist. Wenn er zu dünn ist, springt unter Umständen der Blockiermechanismus nicht an!
Für die Halle
In der Kletterhalle wird so gut wie immer „über Körper“ gesichert und die notwendige Dynamik wird über den Körper erzeugt. Gerätedynamisches Sichern gilt hier nach aktueller Lehrmeinung als unnötig riskant. Aus diesem Grund gibt es auch keinen Grund, in der Halle auf halbautomatische Sicherungsgeräte zu verzichten. Die „Halbautomaten“ bieten mehr Sicherheit – insbesondere „für Kletterneulinge, für leichte Sichernde, für Sichernde mit wenig Erfahrung im Halten von Stürzen und für Situationen, in denen Ablenkung und Unaufmerksamkeit wahrscheinlich sind.“
Die Wahl zwischen Autotubern und Halbautomaten für das Hallenklettern sollte man anhand der hier im Artikel genannten Kriterien wie Kletterkönnen, Klettergewohnheiten, usw. treffen.
Für den Klettergarten
Hier gilt das Gleiche wie für die Kletterhalle – fast jedenfalls. Unterschiede bestehen darin, dass die Routen draußen meist etwas länger sind (bis ca. 30 m im Vergleich zu ca. 15 m in der Halle), und dass die Möglichkeit von Steinschlag besteht. Aus Letzterem resultiert wiederum die (sehr geringe) Gefahr, dass der getroffene Sichernde „ausfällt“. In dem Falle wäre der Kletternde nur mit einem selbständig blockierenden Halbautomaten noch gesichert. Das nur als Beispiel, welche teils ausgefallenen Einflussfaktoren eine Rolle bei der Wahl des „richtigen“ Geräts spielen können.
Für das Sichern im Fels und am Berg (Alpinklettern und Hochtouren)
Bei Touren am Berg und im Fels handelt es sich so gut wie immer um Mehrseillängenrouten. Das bedeutet, der Sichernde befindet sich nach der ersten Seillänge nicht mehr auf dem Boden, sondern an einem mehr oder weniger kleinen Standplatz oder gar einem Hängestand. Es muss hier immer nach Einzelfall abgewogen werden, ob dynamisch gesichert wird und wenn ja, wie. Dabei muss nicht nur an die Sicherheit des Vorsteigers, sondern auch an die womöglich geringe Belastbarkeit der Sicherungskette gedacht werden (Entlastung durch dynamisches Sichern).
Oft lässt ein Standplatz kein gefahrloses körperdynamisches Sichern zu, da entweder zu wenig Platz zum Bewegen da ist, oder ein Vorsprung oder Dach über dem Sichernden für Aufprallgefahr sorgt. In dem Fall ist gerätedynamisches Sichern gefragt, was nur mit manuellen Geräten, HMS und – sehr eingeschränkt – mit manchen Autotubern möglich ist. Die Technik des gerätedynamischen Sicherns sollte auf jeden Fall beherrscht werden, bevor man in die ersten Mehrseillängentouren einsteigt.
Im alpinen Gelände und bei schwierig abzusichernden Routen wird oft mit Doppel- oder Zwillingsseil geklettert. Auch das Abseilen erfolgt fast immer am doppelt genommenen Seil oder an zwei verbundenen Seilen als Doppelstrang. Dass die allermeisten Tuber hierfür geeignet sind, zeigt sich daran, dass sie zwei Seilstränge aufnehmen können und auch eine separate Bedienung der Stränge erlauben. Letztere wird erforderlich, wenn in Dreierseilschaft geklettert wird und die zwei Nachsteiger separat gesichert werden.
Die „Automaten“ haben hingegen (bis auf den vom Markt genommenen „Sirius“) nur eine Aufnahme für einen Seilstrang, was sie für den „anspruchsvollen alpinen Gebrauch“ ebenso disqualifiziert wie ihr hohes Eigengewicht und die Unmöglichkeit des gerätedynamischen Sicherns.
Dennoch: beim Handling mit Tubern in Mehrseillängentouren und beim Alpinklettern reicht es nicht, die Kenntnisse aus Kletterhalle und Klettergarten anzuwenden. Besonders beim Nachsichern muss die andere Seilführung anders gehandhabt werden. Es bieten auch nur manche Tuber wie zum Beispiel das schon erwähnte ATC-Guide die besondere „Plattenfunktion“, um den Nachstieg bei alpiner Kletterei sicher zu gestalten. Das Seil kann bei Aufbau mit Plattenfunktion nur in eine Richtung durchgezogen werden.
Beim alpinen Klettern mit Einfachseil oder dünnen Zwillingsseilen hat die gute alte Halbmastwurfsicherung nach wie vor ihren Platz. Als Backup sollte die HMS sowieso immer abrufbar sein, da sie den geringsten Materialaufwand hat, vielseitig einsetzbar ist, relativ wenig Handkraft braucht und auch mit dünnen Seilen noch funktioniert.
Mehr Details zum komplexen Thema Sichern bei Mehrseillängen findet ihr in diesem Alpenvereinsbeitrag. Ja, der ist von 2012, doch nach wie vor auf vertretbar aktuellem Stand. Im alpinen Gelände ticken die Uhren nicht ganz so schnell wie in der Halle.
Was bringt die Zukunft?
Und nach vielen Monaten der Diskussion und zahlreichen Artikeln in der Fachpresse, hat der DAV eine Empfehlung für Halbautomaten im Sportklettern in der Halle und in Klettergärten herausgegeben. Mehr dazu unter diesem Link. Die Empfehlung dürfte wohl dazu führen, dass wir in Zukunft noch mehr neue Halbautomaten und Autotuber zu sehen bekommen. Man darf auf alle Fälle gespannt sein.
Wie immer könnt Ihr Euch bei Fragen auch gerne an unsere Experten aus dem Kundenservice wenden. Diese stehen euch unter der Woche täglich von 9.00 – 18.00 Uhr telefonisch unter +49 (0)7121/70 12 0 oder per E-Mail zur Verfügung.
11 Comments on the Article
Ihr habt wohl die Sicherungsgerätgeschichte nicht ordentlich recherchiert. ;-) Die Stichtbremse ist nicht irgendwann in den 60'er Jahren nach Europa gekommen. Sie wurde in Europa (Deutschland von Fritz Sticht) entwickelt, und hat sich von dort verbreitet. Übrigens haben diverse Tests (ich finde die Links leider nicht dafür), dass Tubergeräte das Seil mehr schädigt als die HalbmastWURFsicherung. Was das Seil seine dynamische Eigenschaften und Stärke gibt, ist ja der Kern und nicht der Mantel. Sonst finde ich Eure Geräteseiten gut. :-)
Hallo! der Text ist großartig geschrieben! Ich hatte sehr viel Freude beim Lesen und bei jedem zweiten Satz gedacht: yeah, das ist richtig gut erklärt. Außerdem total übersichtlich, anschaulich und nachvollziehbar. Großes Lob!
Hallo, auf dieser Seite wird explizit gesagt, dass Autotuber keine Halbautomaten sind, auf einer anderen Seite eurer Homepage (diese ist direkt hier im Text unter dem Punkt Autotuber verlinkt) werden Autotuber als "HALBAUTOMATEN MIT EINER ABHÄNGIGKEIT DER BREMSFUNKTION VON DER BREMSHANDPOSITION" bezeichnet. Dort werden sie als eine Variation der Halbautomaten bezeichnet. Was ist denn nun richtig? Das ist verwirrend für Anfänger.. PS: Ich habe nun mal selbst nachgeforscht, der DAV zählt Autotuber auch zu den Halbautomaten und daher scheinen dies vom DAV empfohlene Sicherungsgeräte zu sein. (?)
Ein schöner Text, Informativ und ausführlich. Ich persönlich sehe diesen ganzen Halbautomaten/Autotubern immer mit einem Auge kritisch entgegen. Sie entkoppeln den Sichernden teilweise von der Verantwortung, dies erzeugt falsche Sicherheit und lässt den Sichernden unachtsamer werden. Ich sehe immer wieder Leute (in Hallen wie draußen) welche sich noch eine Flasche Wasser aufmachen, sich den Kaffee vom Tisch nehmen oder halbdösig durch die Gegend schauen bzw. sich unterhalten. Die Krönung sind sitzende oder LIEGENDE!! Sichernde.. absolutes NoGo! Wenn man sie drauf anspricht heißt es dann oft genug: Ich sicher doch mit einem [bitte hier Automaten einsetzen], kann doch nichts passieren; guck mal ich kann komplett loslassen (haha)... Natürlich bietet der Automat mehr Redundanz und lässt auch Fehler zu, für den Anfang oder für Gelegenheitskletterer sicherlich nicht verkehrt. ABER mit der Routine kommt die Nachlässigkeit, deswegen finde ich es wichtig mit mehr Verantwortung ans Sichern zu gehen. Ich persönlich sichere nur Top-rope mit einem SMART, weil dabei öfter und länger pause gemacht wird und es angenehmer ist diese Pausen mit einem Automaten zu halten. Im Vorstieg finde ich Automaten absolut unnötig und sogar kontraproduktiv, das Seilausgeben wird wesentlich erschwert; Ergo: Der Automat wird die ganze zeit entsperrt, im Sturzfall kommt es dann zu verzögertem sperren und ggf. weiterem Fall. Wenn der Automat dann zuschnappt, dann mit Wucht, Ergebnis ist ein abrupter Stopp für den Kletterer, kein sanftes "Einfedern" mehr; für den Sichernden ein Freiflug in Richtung erster Expresse. Ich verstehe den Gedanken dahinter aber leider werden wichtige Aspekte dabei nicht betrachtet.
Als Nachteil des GriGri gilt unbedingt hinzuzufügen, dass er für Linkshänder sehr umständlich zu bedienen und eigentlich ungeeignet ist. Schade, dass es ihn nur in einer Version gibt.
Hi, auch nochmal danke :) Nachlängerer Kletterpause bin ich gerade auf der Suche nach einem vernünftigen Gerät, hat sehr geholfen. Wird wohl dann das neue Grigri werden, zu dem ich sowieso schon tendiert hab. Vorher nur mit HMS, später dann mal ne Weile Tuber probiert, bin damit aber nie wirklich warm geworden, wegen der "falschen" Richtung/Armhaltung im Vergleich zum HMS (unten/oben). Zum Thema Unachtsamkeit beim Sichern - ich glaub ja eher, dass das ein Ausbildungsproblem ist, wenn man so will. Den Leuten wird in einem Kurs oft einfach nicht ausreichend Respekt vor der Gefahr vermittelt, hab ich zumindest das Gefühl. Als ich das Klettern in der Halle gelernt und danach auch weiter gemacht hab, musste ich etliche Male (von der Wand aus) meinen Kletterpartner in die Realität zurück holen... Das kam schon häufiger vor, dass ich vor nem Dynamo nochmal runter geschaut hab um mich zu vergewissern und dann gefühlte 2m Schlappseil pro 5m Kletterhöhe und den Kletterpartner sehe, der lieber mit der Sichernden neben sich flirtet statt zur Wand zu gucken. War auch nicht nur bei dem so. Und das mit HMS, nicht mit irgendwas auch nur ansatzweise automatischem... Ich denke da sind eigentlich die Trainer/Instruktoren in der Pflicht, denn die werden sicher eher ernst genommen, als der rum maulende Kletterpartner - wenn sie denn was sagen würden. LG Jan