Kurze Anmerkung vorab: der folgende Artikel kann zwar informieren, nicht aber einen Lawinenkurs und andere Maßnahmen für die sichere Durchführung von winterlichen Aktionen und Bergtouren ersetzen.
Wer im Klimaunterricht der letzten Jahre aufgepasst hat, muss den Sinn dieses Artikels anzweifeln. Denn Schnee wird demnach in unseren Breiten bald nur noch in Erzählungen existieren. Selbst in den Skigebieten soll der künstliche Kanonenschnee auf den Pistenstreifen überwiegen. Naturschnee zum Anfassen?
Doch es gibt auch ein Nebenszenario dieser Prognose, nach dem die Hitze über Umwege kommt und wir vor dem Dahinschmelzen erst noch die sibirische Peitsche spüren. Wenn nämlich „die Golfstrom-Wirkung nicht mehr funktioniert“, wie es einst eine Landespolitikerin markant ausdrückte. In dem Fall lohnt der Artikel doch noch für ein paar Jahre. Also, aufgepasst!
Was ist Schnee?
Zunächst die überraschende Feststellung, dass das größte Lexikon aller Zeiten für Schnee eine Begriffsklärungsseite hat. Ist denn damit nicht ganz klar der weiße Niederschlag gemeint? Nein, es gehört hier unter „umgangssprachlich“ auch ein Aufputschpulver aus Südamerika dazu, das trotz seines hohen Zolls an rotem Blut in makellosem Weiß erstrahlt. Und ein weißes Rauschen auf Bildschirmen firmiert ebenso unter „Schnee“, wie ein schaumiges Eiklar.
Bleiben wir bei der vom Himmel fallenden Niederschlagsform. Keine Sorge, es wird trotzdem nicht langweilig, denn auch von dieser gibt es 17 verschiedene Arten. Oder 13. Oder 12, je nachdem, wo man nachliest. Dazu gleich mehr, zuerst noch zur allgemeinen Begriffsklärung und zur Entstehung von Niederschlags-Schnee. So sind alle Wörter für Schnee laut Wikipedia „(ablautende) Abstraktbildungen zum indoeuropäischen Wort *sneigṵh- ’schneien, (sich) zusammenballen, zusammenkleben‘.“
Entstehung
Was hier zusammenballt und -klebt sind winzige Kristallisationskeime wie Staubteilchen, an denen sich Wassertröpfchen anlagern und gefrieren (erstaunlicherweise bleibt so ein Mikro-Wassertropfen bei bis zu minus 48° Grad flüssig). Der so entstehende Eiskristall gefriert und fällt aufgrund seiner gewachsenen Masse sprichwörtlich aus allen Wolken.
Eis- bzw. Schneekristalle sind der Ausgangsstoff für alle Arten von Schnee. Sie können unzählige Formen bilden und sind eines der vielen kleinen uns umgebenden und meist ignorierten Wunder. Sie bilden oft harmonische, symmetrische und komplexe Formen. Die einzige Gemeinsamkeit aller Eiskristalle ist, dass alle Arten sechseckig sind, weil sich Wassermoleküle stets in einem Winkel von 120 Grad anordnen. Abgesehen davon sind der Formenvielfalt keine Grenzen gesetzt.
Wenn viel Feuchtigkeit in der Luft ist und die Temperaturen idealerweise knapp unter null liegen, ballen sich unzählige dieser Kristalle zu den wesentlich größeren Schneeflocken zusammen. Von denen gibt es dann sehr viele Arten. Wie viele genau, weiß kein Mensch, denn sie verändern sich ständig und es entstehen unzählige Mischformen.
Welche Schneearten gibt es?
Wir haben alle schonmal irgendwo gelesen, dass „die Eskimos mehr als 20 Wörter für Schnee kennen“. Stimmt aber bestenfalls nur halb, auch wenn es diese Legende bis in Linguistik-Einführungsseminare geschafft hat. Denn die Eskimos, die wir heute lieber Inuit nennen sollen, setzen viele Satzteile zu Riesenwörtern zusammen. Zählt man nur die Wortstämme, so kommt man laut Christoph Drösser von der Zeit kaum auf zehn Schneearten. Und da gibt es selbst dahoam in Oberbayern mehr Wörter für die weiße Pracht: „Schnee, Harsch, Sulz, Firn. Wörter, die, so Drösser, „vielen kein Begriff mehr sind.“ Na, in Bergfreundekreisen kennt sie jeder. Du ja hoffentlich auch, oder? Falls nicht, kannst du die peinliche Wissenslücke hier diskret und schnell schließen.
Laut Drösser kennen „die Bergler in den Alpen rund zwanzig Ausdrücke für das kühle Naß“, darunter Locker– und Wild-, Neu– und Pappschnee, filziger Schnee und Oberflächenreif, Harsch, Firn und Sulz. „Der Skifahrer schwingt sich durch Pulver– und Faulschnee, oder er gerät in eine auf Schwimmschnee zu Tal donnernde Schneebrettlawine.“ Damit wäre schonmal das Dutzend an Bezeichnungen voll – die wir jetzt noch mit ein wenig Inhalt anreichern wollen. Ein interessanter Ansatz ist die Unterscheidung der Schneearten nach Befahrbarkeit mit Skiern, wie auf der Website Familien-Skigebiet.com. So können sich Skiläufer die Unterschiede gut merken, doch für andere Schneeinteressierte sind ein paar zusätzliche theoretische Unterscheidungskriterien womöglich einprägsamer.
Systematische Unterscheidung nach Kriterien
Wichtige Kriterien, anhand derer man Schnee klassifizieren kann, sind u.a. Alter, Feuchtigkeit und Dichte. Eine solche Unterteilung habe ich dem Wikipedia-Schneeartikel, Abschnitt Schneearten entnommen und teils etwas angereichert.
Nach Alter
Gerade frisch gefallen heißt der Schnee Neuschnee. „Seine Eiskristalle sind noch fein verzweigt mit spitzen Zacken.“ Im Lauf der Zeit verwandelt er sich je nach „Metamorphose“ in eine oder mehrere weitere Arten. Fast jede Schneeflocke, die nicht direkt nach der Landung schmilzt, durchläuft ein Dasein in Form von mehreren Arten.
Bei der abbauenden Metamorphose werden die Kristalle durch Temperaturschwankungen, Druck oder Wind zu weniger verästelten und runderen Formen umgewandelt. Der Schnee wird dadurch fester und dichter.
„Bei der aufbauenden Metamorphose bilden sich in tieferen Schichten neue, größere Kristallformen, die durch große Lufteinschlüsse nur noch geringe Festigkeit besitzen.“
Bei der Schmelzmetamorphose entstehen bei Temperaturen knapp über 0 °C runde Kristallformen. „Im Wechselspiel mit Wiedergefrieren des Wassers an der Oberfläche (Auffirnen) kann sich Bruchharsch bilden, sonst kompakter Harsch“. Kommt Wind hinzu, können Wechten und Schneebretter entstehen.
Aus verdichtetem Altschnee des Vorwinters wird nach frühestens einem Jahr Firn, der sich wiederum zu Gletschereis entwickeln kann. Firn ist meist hart, kann aber bei steigenden Temperaturen auch zu einer weichen, gut befahrbaren Auflage werden.
Weiterer Begriffe, die hier eingeordnet werden können: Griesel (wiederholt gefrorener, sehr körniger Schnee), Wildschnee (extrem lockerer Neuschnee)
Nach Feuchtigkeit
Pulverschnee ist trockener Schnee von geringer Dichte, der auch unter Druck nicht zusammenklebt. Die geringe Verzahnung der Flocken lässt tiefe haltlose Schneeschichten entstehen. Als Unterlage fürs Skifahren ist solcher Schnee ideal.
Feuchtschnee, auch Pappschnee genannt, klebt unter Druck zusammen und eignet sich damit gut für Schneebälle und Schneemänner. Es lässt sich jedoch kein Wasser herauspressen.
Bei Nassschnee, der ebenfalls schwer und „klebrig“ ist, lässt sich Wasser herauspressen. Älterer Nassschnee kann zu Sulzschnee werden. Mischen sich Nassschnee-Brocken und Wasser, wird die schlecht zusammenhaltende Mischung Faulschnee oder Schneematsch genannt.
Weiterer Begriff, der hier eingeordnet werden kann: Filzschnee (etwas verdichteter, leicht feuchter Schnee)
Nach Farbe
In seltenen Fällen führen Algen oder Wüstenstaub zu Verfärbungen („Blutschnee“ o.ä.).
Nach Dichte
Die wohl exakteste Differenzierung von Schnee ist die Unterteilung nach Dichte in Kilogramm pro Kubikmeter:
30 – 200 kg/m³: trockener, lockerer bis stark gebundener Neuschnee
200 – 500: trockener bis nasser Altschnee
150 – 300: Schwimmschnee
500 – 800: mehrjähriger Firn
800 – 900: Eis
Nach Auftreten und Ursprung
Hierunter fällt u.a. die Unterscheidung nach natürlichem Schnee und technischem Schnee („Kunstschnee“). Letzterer entsteht, wenn Schneekanonen Wassertropfen bei unter minus vier Grad Lufttemperatur versprühen.
Fazit
Der Artikel war hoffentlich ein brauchbarer Einblick, kann jedoch unmöglich vollständig sein, da Schnee unzählige Formen und Phänomene ausbilden kann. Als Beispiele seien hier nur Windharsch, Bruchharsch und Eislamelle genannt, die unterschiedliche Arten von angeschmolzenem und wieder gefrorenem Oberflächenschnee sind. Hinzu kommen weltweit regionale Erscheinungen und Besonderheiten, die wiederum mehrere Bezeichnungen haben können. Beispiele wären hier der (sub)tropische Büßerschnee, der Champagne-Powder der Rocky Mountains oder der eher in Sibirien als in Europa vorkommende Diamantstaub mit seinen feinen Eisnadeln, die nur bei extremer Kälte, Windstille und heiterem Himmel entstehen.
Aus diesen Gründen kann niemand genau festlegen, wie viele Arten von Schnee es gibt.