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Den Eisgeräten auf den Zahn gefühlt – eine Kaufberatung

Inhaltsverzeichnis

Eispickel gibt es schon seit Beginn des modernen Bergsteigens. Über die Jahrzehnte hinweg hat sich in diesem Bereich jedoch sehr viel getan. Wenngleich der Eispickel in seiner heutigen Form als technisch ausgereift gilt, gibt es dennoch im Produktfeld der Eisgeräte immer wieder zahlreiche technische Neuerungen. Dies ist beim Kauf mitunter sehr verwirrend und schnell stellt sich die Frage: Welches Eisgerät passt zu mir? Leider wurde auch in diesem Zusammenhang noch keine eierlegende Wollmilchsau erfunden und somit hängt die Wahl des perfekten Geräts immer auch stark von den persönlichen Bedürfnissen ab.

Eispickel

Die Urform aller Eisgeräte ist der Eispickel. Herkömmliche Eispickel fallen zumeist in die Kategorie B der Euro-Norm. Die Konstruktion dieser Basisgeräte ist für den universellen Einsatz in leichtem bis mittelschwerem Gelände ausgelegt. Sie dienen als Stockersatz beim Gehen, als Werkzeug beim Stufenschlagen, als zusätzlicher Halt beim Erklimmen kleinerer Eis- und Firnflanken und nicht zuletzt als Anker und Rettungsgerät.

Die Bergfreunde beim Eisklettern am Kandersteg
Die Bergfreunde beim Eisklettern am Kandersteg

Aluminium- oder Holzschaft?

Grivel - Monte Bianco - Eispickel
Grivel – Monte Bianco – Eispickel

Moderne Eispickel haben in der Regel Aluminiumschäfte, aktuell baut nur Grivel ein Modell mit Holzschaft. Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein Relikt aus grauer Vorzeit, sondern um ein modernes und innovatives Produkt, das dem Bergsteigen ein wenig seinen Charme von einst zurückgibt. Die Hauen sind überwiegend gerade bis leicht gerundet und die Zahnung ist nicht scharf. Eine Handschlaufe schützt gegen Verlust des Pickels und die Spitze gibt beim Gehen auf dem Gletscher Halt. Je nach Terrain kommen in den letzten Jahren auch vermehrt Hybridpickel mit leicht gekrümmtem Schaft und aggressiveren Hauen zum Einsatz.

Kunden, die in diesem Produktsegment fündig werden, fallen in die Kategorie des „klassischen Bergsteigers“. Ihr Terrain sind Gletschertouren und Alpengipfel, die meist ohne größere Eiskraxelei erreicht werden können. Auch auf alpinen Skitouren kommen in der Regel klassische Eispickel oder Hybridpickel zum Einsatz.

Beim Kauf muss neben dem geeigneten Modell auf die optimale Schaftlänge geachtet werden. Zur Ermittlung der richtigen Länge gilt daher folgender Grundsatz: Am hängenden Arm sollte der am Kopf gehaltene Pickel bis knapp über den Boden reichen.

Eisgeräte

Cassin - X-Dry + Alpine Kit - Eisgerät mit alpiner Zusatzausrüstung
Cassin – X-Dry + Alpine Kit – Eisgerät mit alpiner Zusatzausrüstung

Eisgeräte fallen nach Euro-Norm in die Kategorie T (Technikgeräte). Die Produkte dieser Einstufung reichen von relativ gemäßigten Hybridpickeln bis hin zu Eisäxten für den Einsatz in extremem Gelände.

Gekrümmter Schaft

Die Schäfte der Eisgeräte sind im Gegensatz zu klassischen Eispicken nicht gerade, sondern gekrümmt. Dies ermöglicht einen kraftsparenden Einsatz und schont, gerade bei einem unregelmäßigen Eisaufbau, die Finger. Generell gilt hierbei: je extremer das Gelände, desto gewinkelter der Schaft. Auch die Hauen der Eisgeräte sind wesentlich stärker gekrümmt als die der Eispickel. Die stark nach unten gezogene Form und die aggressiven Zähne und Spitzen sorgen dafür, dass selbst in überhängenden Passagen ein guter Halt erreicht wird.

Handschlaufe: ja oder nein?

Je nach Einsatzgebiet sind Eisgeräte zusätzlich mit Handschlaufen versehen. Bei extremen Klettereien wird jedoch zugunsten des Handlings darauf verzichtet. In diesem Fall kommen Eisgeräte mit speziellen, abgestuften Griffzonen zum Einsatz. Diese sind in der Regel einstellbar und lassen sich somit an die Handgröße bzw. die individuellen Bedürfnisse anpassen. Die meisten Eisgeräte verfügen darüber hinaus über eine Spitze unterhalb des Griffs. Diese ist meist so gebaut, dass der Kletterer die Möglichkeit hat, einen Karabiner einzuhängen. Somit kann das Eisgerät auch als provisorische Zwischensicherung, beispielsweise beim Setzen von Eisschrauben, verwendet werden. Eisgeräte sind in der Regel ein wenig schwerer als Eispickel. Der Grund hierfür ist die höhere Schlagwucht.

Alpines Eisklettern

Eiskletterer, die sich in großen Eiswänden und Firnflanken tummeln, sind mit Herz und Kopf Alpinisten und weniger Athleten. Dementsprechend kommen in diesem Bereich auch Eisgeräte zum Einsatz, die am umfangreichsten ausgestattet sind. Klassischerweise verfügt das eine Eisgerät über einen Hammer und das andere über eine Schaufel. So können einerseits lockere und morsche Eisstellen schnell und kraftsparend entfernt werden, andererseits besteht die Möglichkeit, Eisnägel und Haken einzuschlagen. Darüber hinaus wird in diesem Segment meist mit Handschlaufen gearbeitet. Diese entlasten bei langen Touren die Hände und schützen vor dem Verlust des Eisgeräts. Auch beim Zu- und Abstieg können Geräte dieses Typs hilfreich sein.

Kletterer mit Eispickel am Eisfels unterwegs
Beim klassischen Eisklettern kommen sehr technische Geräte zum Einsatz

Klassisches Eisklettern

Beim klassischen Eisklettern geht es steil nach oben. Senkrechte und überhängende Eiswände sind hier keine Seltenheit. Dementsprechend kommen bei dieser Spielart des Eiskletterns auch sehr technische Geräte zum Einsatz. Die Hauen und Schäfte sind stark gekrümmt und sorgen für besten Halt im Eis. Die Zahnung und die Spitze sind meist messerscharf geschliffen und die Haue beißt sich ins Eis, als wäre es Pudding. Handschlaufen kommen hierbei in der Regel nicht zum Einsatz, da sie das Umgreifen und die allgemeine Bewegungsfreiheit zu sehr behindern würden. Auch auf Hammer und Schaufel wird meist zugunsten der Performance und zur Minderung des Verletzungsrisikos verzichtet. Für einen besseren Halt verfügen sie aber über einen anpassbaren Griffbereich, sowie über einen Fingerschutz. Aufgrund ihrer starken Krümmung und der für Steileis optimierten Konstruktion eigenen sich Eisgeräte dieses Typs kaum als Gehhilfe für Zu- und Abstieg.

Drytooling

Kletterer mit Eispickel am Felsen unterwegs
Bei Drytooling und Mixed-Touren wird sowohl im Eis als auch am Fels geklettert

Drytooling und Mixed-Touren sind wahrscheinlich die extremsten Spielarten des Eiskletterns. Touren dieses Typs sind vergleichsweise kurz, aber mitunter extrem anspruchsvoll, da nicht nur im Eis, sondern auch am Fels geklettert wird. Ähnlich wie beim klassischen Eisklettern kommen hier stark gekrümmte Eisgeräte ohne Handschlaufe, Hammer und Schaufel zum Einsatz. Durch die überaus starke Krümmung bieten sie selbst bei überhängenden Passagen und auf dünnem Eis eine maximale Performance. Die Zahnung und die Spitze sind in der Regel weniger scharf als bei Geräten, die beim klassischen Eisklettern zum Einsatz kommen. Der Grund hierfür liegt im verstärkten Felskontakt. Dieser macht einerseits das Metall schneller stumpf, andererseits wirken je nach Move auch extreme Kräfte auf die Haue. Der Kopf dieser Geräte ist zusätzlich mit einer Zahnung versehen, somit ist auch das Verkeilen im Fels möglich.

Praxistipp

Bei Eisgeräten ist die Haue die am stärksten beanspruchte Komponente. Hier treten auch die meisten Beschädigungen auf. Gerade bei regelmäßigem Einsatz in gemischtem Gelände nutzen sich die Hauen stark ab und es kann zum Hauenbruch kommen. Dies kann gerade in langen und technisch anspruchsvollen Routen zu ernsthaften Problemen führen. Daher empfiehlt es sich, beim klassischen und alpinen Eisklettern Eisgeräte zu verwenden, bei denen die Haue gewechselt werden kann und immer eine Ersatzhaue nebst Werkzeug im Rucksack mitzuführen.

Auf den Punkt

Das Gelingen einer Tour hängt neben Kondition und Können auch ein gutes Stück vom Material ab. Daher sollte man auch im Bereich der Eisgeräte und Pickel die Ausrüstung der Route anpassen. Ein Steileisgerät ist bei einer Gletscherüberquerung genau so unangebracht wie ein klassischer Eispickel beim Drytooling. Deshalb sollte man sich den alten Grundsatz zu Herzen nehmen: je extremer das Gelände, desto extremer das Gerät.

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Bergfreund Gastautor

18 Comments on the Article

  1. Martin 23. September 2019 05:25 Uhr

    Hallo Bergfreune, ich bin 1.70 m Groß und ich möchte mir ein Eispickel kaufen. Nach welche größe muss ich schauen? MfG Martin

  2. Martin 7. Dezember 2020 11:39 Uhr

    Hallo, ich würde mir gerne einen Eispickel für etwas anspruchsvollerer Hochtouren kaufen. Ich bin 1,80m groß. Wäre hier 52cm und ein Pickel mit leichter Krümmung sinnvoll? Oder ist das schon zu kurz? Danke & VG, Martin

  3. Dominik 12. Januar 2021 20:48 Uhr

    Hallo, ich bin 187 cm groß. Ich bin eher beim klassischen Bergsteigen von Alpengipfeln. Ich denke, der Petzl Summit Evo ist da passend. Nur bei der Länge bin ich unschlüssig: 59cm oder 66cm? Tendiere zu 59cm, 66cm kommt mir etwas groß vor. Habt ihr eine Empfehlung? Danke, Dominik

  4. Michael 17. Oktober 2021 15:34 Uhr

    Hallo, ich bin 1,83groß und möchte mir einen Eispickel für das Bergsteigen zulegen, aber mit gebogenem Schaft für Kletterpassagen. Gedacht hatte ich an den Black Diamond Venom Adze in größe 64cm. Ist der passend oder hättet ihr für mich eine andere Empfehlung? Danke schonmal Gruß Michi

  5. Michael 17. Oktober 2021 15:34 Uhr

    Hallo, ich bin 1,83groß und möchte mir einen Eispickel für das Bergsteigen zulegen, aber mit gebogenem Schaft für Kletterpassagen. Gedacht hatte ich an den Black Diamond Venom Adze in größe 64cm. Ist der passend oder hättet ihr für mich eine andere Empfehlung? Danke schonmal Gruß Michi

  6. Bergfreund Marco 18. Oktober 2021 12:39 Uhr

    Hallo Michael, hier wärst Du mit dem Venom ADZE schon sehr gut aufgestellt, das ist ein guter Allrounder, mit dem Du auch einmal technischere Passagen meistern kannst. Ebenfalls ein sehr bewährter Klassiker in dem Bereich käme von Petzl: https://www.bergfreunde.de/petzl-summit-evo-eispickel/ Viele Grüße, Marco

  7. Steffen 24. Januar 2022 00:32 Uhr

    Hallo, ich bin 1,92m und suche ein Eisgerät für Mixed Gelände, was könnt ihr mir empfehlen? Muss ich mit der Größe was beachten, wie beim Eispickel?

  8. Steffen 24. Januar 2022 00:32 Uhr

    Hallo, ich bin 1,92m und suche ein Eisgerät für Mixed Gelände, was könnt ihr mir empfehlen? Muss ich mit der Größe was beachten, wie beim Eispickel?

  9. Bergfreund Marco 1. Februar 2022 06:14 Uhr

    Hallo Steffen, klassische Eisageräte für technisch anspruchsvolles Gelände werden in der Regel etwas kürzer gewählt als ein herkömmlicher Pickel, hier kommst Du deswegen mit 50-55cm gut aus: https://www.bergfreunde.de/edelrid-rage-eisgeraet/ Viele Grüße, Marco

  10. Sebastian 6. März 2022 21:40 Uhr

    Servus, bin etwas am Hadern mit mir. Ich bin 177 cm groß und habe einen klassischen Eispickel von Grivel mit einer Länge von etwa 52 cm ausgeliehen. Im lockeren Stand mit leicht angewinkeltem Arm reicht mir der Pickel bei weitem nicht bis zum Knöchel sondern gut 10 cm höher. Ich hatte ihn bislang immer nur am Rucksack bei Skihochtouren dabei, quasi für den Fall der Fälle. Letztlich kam er aber tatsächlich noch nie zum "echten" Einsatz. Daher kann ich gar nicht beurteilen, ob er nun angenehm im Handling war oder nicht. Daher nun meine theorisierende Frage: Ist diese Länge zu kurz? Oder ist das Geschmackssache? Angenehm ist natürlich sein Packmaß... Grüßlis, Sebastian

  11. Sebastian 6. März 2022 21:40 Uhr

    Servus, bin etwas am Hadern mit mir. Ich bin 177 cm groß und habe einen klassischen Eispickel von Grivel mit einer Länge von etwa 52 cm ausgeliehen. Im lockeren Stand mit leicht angewinkeltem Arm reicht mir der Pickel bei weitem nicht bis zum Knöchel sondern gut 10 cm höher. Ich hatte ihn bislang immer nur am Rucksack bei Skihochtouren dabei, quasi für den Fall der Fälle. Letztlich kam er aber tatsächlich noch nie zum "echten" Einsatz. Daher kann ich gar nicht beurteilen, ob er nun angenehm im Handling war oder nicht. Daher nun meine theorisierende Frage: Ist diese Länge zu kurz? Oder ist das Geschmackssache? Angenehm ist natürlich sein Packmaß... Grüßlis, Sebastian

  12. Bergfreund Marco 7. März 2022 06:43 Uhr

    Hallo Sebastian, man ist in den letzten Jahren ein Stückweit von der alten Faustregel mit der Knöchellänge abgekommen. Es ist hier in der Tat ein Stück weit individuelle Präferenz, ob man mit einem kürzeren oder längeren Pickel besser zurecht kommt. In technisch anspruchsvollem, kombiniertem Gelände, ist ein kürzerer Pickel sogar einfacher, wenn man ihn hauptsächlich für Tiefschneequerungen nutzt, dann wäre länger wiederum besser. Viele Grüße, Marco

  13. Ralle 3. Mai 2022 07:28 Uhr

    Worin genau besteht denn der Unterschied zwischen dem Petzl SUMMIT und dem Petzl SUMMIT EVO?

  14. Ralle 3. Mai 2022 07:28 Uhr

    Worin genau besteht denn der Unterschied zwischen dem Petzl SUMMIT und dem Petzl SUMMIT EVO?

  15. Marco 11. Mai 2022 05:21 Uhr

    Hallo Ralle, der Hauptunterschied besteht in der Stahllegierung für die Haue. Der Summit Evo hat eine belastbarere und härtere Stahlmischung und ist deshalb auch einen Ticken schwerer, einen sehr großen Unterschied gibt es aber nicht, beides sind klassische Hochtourenpickel vom Typ 1. Viele Grüße, Marco

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