Dass Norwegen ein Eldorado für Wanderer, Trekker und Bergsteiger ist, dürfte keine Überraschung mehr sein. Seine wilde Natur hat Liebhaber in aller Welt, von denen manche über Jahrzehnte immer wieder kommen. Das liegt auch an den endlos scheinenden 1800 Kilometern, auf denen das Nordland seine Naturschätze aneinanderreiht. Da gibt es so viel zu entdecken, dass ein normaler Urlaub nie und nimmer ausreicht. Auch ein normaler Basislager-Artikel reicht nicht, um alles sehens- und erlebenswerte unterzubringen. Deshalb beschränken wir uns hier auf „Spots“ mit markanten Bergen, die naturgemäß für Bergfreunde am interessantesten sind. Aber auch die wird man allein schon wegen der Entfernungen nicht in einer einzelnen Reise unterbringen – außer man hat mehrere Monate Zeit, in denen man atemlos ein Highlight nach dem anderen abklappert…
Es folgt nun eine handverlesene Sammlung von Inspirationen für die nächsten Berg- und Wandertrips nach Norwegen. Dabei ist das ganze Land abgedeckt, von ganz „unten“ im Süden bis nach Norden jenseits des Polarkreises. Die Auswahl kann in Norwegen nie vollständig sein, da das Land unzählige sehenswerte Winkel hat. Vielgereiste Norwegenkenner werden dementsprechend hier und da noch etwas „vermissen“. Wer meint, dass noch etwas Tolles fehlt, mag das gerne in den Kommentaren hinzufügen.
Fast alle der folgend genannten Gebiete sind trotz ihrer teils beachtlichen Wildheit von Wanderwegen und Bergpfaden durchzogen, von denen viele auch für Einsteiger und Durchschnittswanderer zugänglich sind. Gutes Kartenmaterial gibt es in Norwegen online und „analog“ zur Genüge, auch für die entlegensten und unerschlossensten Gebiete. Ein digitales Beispiel ist die amtliche topografische Onlinekarte, die unter norgeskart.no aufgerufen werden kann und u. a. als Grundlage für das Tourenportal ut.no dient. Sämtliche hier erwähnten Regionen und Touren sind dort durch Sucheingabe zu finden.
Südnorwegen
Fangen wir nun im tiefsten Süden an und reisen im Zickzackkurs bis in den hohen Norden:
Ganz im Süden von Norwegen gibt es keine hohen Berge zum Wandern, dafür aber weltbekannte Attraktionen wie den Preikestolen. Diese massive Felskanzel befindet sich 500 Meter über dem Wasser des Lysefjords nahe der Hafenstadt Stavanger. Am Ende dieses Fjords empfängt mit dem eingeklemmten Kjeragbolten, der ebenfalls hoch über dem Wasser thront, eine weitere berühmte Gesteinsformation viele Besucher. Eine Trekkingrunde um den Fjord, bei der man beide Naturwunder zu Fuß verbindet, wird hier im Outdoor-Magazin empfohlen.
Gaustatoppen
Der erste große und weithin dominierende Berg ist der Gaustatoppen (1882 m). Er markiert etwa 100 Kilometer westlich von Oslo den südlichen Beginn der schroffen Hochgebirgsregionen und des tundraartigen Fjells. Sein breiter Gipfel ist berühmt für die Aussicht über weite Teile Südnorwegens und vom Wanderparkplatz Longefonn aus zu Fuß oder mit der unterirdischen Zahnradbahn erreichbar. Ausführliche Infos dazu gibt es u. a. bei visitnorway.de.
In der weiteren Umgebung des Gaustatoppen befinden sich gleich mehrere der beliebtesten norwegischen Nationalparks: etwa 20 Kilometer nordwestlich beginnt das weitläufige Fjell der berühmten Hardangervidda, hinter der sich wiederum, noch etwas weiter im Westen, der Folgefonna-Nationalpark mit seiner großen Gletscherfläche befindet. Etwas nordöstlich der beiden befindet sich der weniger bekannte Hallingskarvet-Nationalpark.
Die Hardangervidda ist vor allem bei Weitwanderern und Trekkern wegen ihrer Urlandschaft und den vielen Durchquerungsmöglichkeiten populär. An ihrem Westrand befindet sich das Städtchen Odda, ein Outdoor-Hotspot mit Industrievergangenheit und – ganz in der Nähe – die Trolltunga. Wie ihr Name verrät, ist sie eine weitere Felszunge, die dank einmaliger Form und spektakulärer Lage hoch über dem Wasser Touristen aus aller Welt anlockt. Sie ist in einer bei Benutzung der Mautstraße vierstündigen, ansonsten gut fünfstündigen Wanderung von Skjeggedal aus erreichbar.
Ebenfalls in der Nähe von Odda befindet sich der 165 m hohe Doppelwasserfall Låtefossen.
Mittelnorwegen
Wenn wir nun ein Stück weiter nach Norden reisen, ungefähr auf die Breite der am Nordmeer gelegenen Großstadt Bergen, erreicht die Staatsfläche Norwegens ihre breiteste Ausdehnung – und damit auch die Fjord- und Hochgebirgslandschaft, welche ideal zum Wandern ist. In alle Richtungen erstrecken sich entsprechend die nächsten großen Nationalparks. Die beiden nächstgelegenen sind Jotunheimen im Norden und Rondane im Nordosten.
Jotunheimen ist als „Heim der Riesen“ und der beiden höchsten norwegischen Berge (Galdhøpiggen, 2469 m und Glittertind, 2452 m) eine absolute Top-Adresse in Norwegen für Trekker, Wanderer und Outdoorer aller Couleur. Neben den hohen Gipfeln sind unzählige Bergseen, Gletscher und wilde Traumlandschaften die Anziehungspunkte. Das Jotunheimen ist hier im Basislager schon mit einem eigenen, ausführlichen Artikel gewürdigt, der viele Tipps und praktische Infos enthält.
Auch Rondane ist ein landschaftlicher Leckerbissen sowie Wander- und Trekkingparadies mit Gipfeln jenseits der 2000er-Marke (höchster Punkt Rondslottet, 2178 m). Der Nationalpark liegt abseits vom Meer im Regenschatten von Jotunheimen. Deshalb ist es hier relativ trocken und es „fehlen“ die großen Gletscher. Auch zu Rondane ist hier im Basislager bereits ein Artikel mit praktischen Tipps und Infos erschienen.
Jostedalsbreen
Die nächste einzigartige Gebirgslandschaft befindet sich westlich von Rondane und Jotunheimen und hört auf den Namen Jostedalsbreen. Der größte Plateaugletscher Norwegens ist ebenfalls Nationalpark und greift mit seinen vielen Gipfeln und Nebengletschern weit in alle Himmelsrichtungen aus. An seiner Westseite fällt er fast 2000 Meter in tiefe Trogtäler und bis zum Meeresspiegel in die Region Nordfjord ab. Diese urweltlichen Täler sind teils von fjordartigen Seen geschmückt, von denen der Lovatnet und der Oldevatnet atemberaubend schön sind. Im Norden ist der Strynevatnet in die beeindruckende Landschaft der Trogtäler und vergletscherten Berge eingebettet.
Die zentrale Ortschaft dieser Gegend ist Loen. Von hier aus gelangt man zu allen westlichen Jostedalsbreen-Tälern samt ihren vielen spektakulären Tourenmöglichkeiten. Die wohl bekannteste, auch als Berglauf-Wettkampfstrecke dienende Tour beginnt etwa 3 km östlich von Loen und führt von Meereshöhe auf den Skåla, einen mächtigen Bergklotz von 1843 m. Am höchsten hinaus geht es mit der ebenfalls sehr langen, aber relativ leichten Gletschertour auf die Lodalskåpa, dem mit 2083 m höchsten Punkt des Jostedalsbreen. In Loen führt außerdem die Bergbahn „Loen Skylift“ auf den Hoven, einen atemberaubenden Aussichtsbalkon, der die ganze Gegend überblickt. Mehr Infos zur Region Nordfjord unter visitnorway.de.
Östlich des Jostedalsbreen schließt sich der Nationalpark Breheimen an, das „Heim der Gletscher“. Selbstverständlich spielt auch dieser Landstrich in der ersten Schönheitsliga, doch da wir die Qual der Wahl haben, wenden wir uns weiter nach Norden. Dort stoßen wir auf halbem Wege auf den Geirangerfjord, der zwar eher als Highlight für Kreuzfahrtschiffe und Motorradreisen bekannt ist, mit seiner spektakulären Berglandschaft aber auch ein tolles Wanderrevier abgibt. Die örtliche Tourismusagentur hat eine aufwändige, mit anschaulichen Luftbildern gestaltete Tourenbroschüre für Wanderer und Bergsteiger angefertigt.
Romsdalen
Nach weiteren 50 Kilometern Richtung Norden stoßen wir auf das nächste absolute Highlight: das Romsdalen und die nördliche Ecke des Nationalparks Reinheimen. Rund um das Fjordstädtchen Åndalsnes ragen hier viele steile und imposante Gipfel wie der Store Trolltind oder das Romsdalshorn in den Himmel. Diesen besonderen Landstrich hat sich nicht umsonst der Profialpinist und wohl fitteste Bergläufer der Welt, Killian Jornet als Wahlheimat und „Backyard“ auserkoren. Mit seiner ebenfalls als Profi-Bergathletin bekannten Frau Emilie Forsberg lebt er seit einigen Jahren hier.
In Norwegen die bekannteste Wanderung der Region und laut Lonely Planet eine der schönsten der Welt ist die Romsdalseggen-Tour. Auch wenn hier oft viel Betrieb ist, ändert das nichts an den grandiosen Ausblicken. Ein touristisches Highlight der Gegend ist die Passstraße Trollstigen mit ihren vielen Haarnadelkurven. Von ihrer Passhöhe aus kann man viele schöne Wander- und Bergtouren unternehmen. Wer dabei etwas ganz Besonderes und einen gewissen Kick sucht, sollte die Wandertour zur Oberkante der Felswand Trollveggen unternehmen. Sie gilt mit ihren durchgehend senkrechten 1100 Metern als höchste Felswand Europas. Mit etwas Glück kann man hier Basejumper beobachten!
Auf der weiteren Reise nach Norden kommen wir am Innerdalen vorbei, einem märchenhaften Hochtal nahe des Küstenstädtchens Sunndalsøra. Dann verlassen wir den breiten südlichen „Kopf“ Norwegens, von dem fast der gesamte gebirgige Teil rund um die weit ins Land reichenden Fjorde zu diversen Nationalparks gehört. Da wir jetzt im dünnen „Schwanz“ von Norwegen wandern, wird die Übersicht und Orientierung jetzt weit einfacher als bisher.
Nordnorwegen
Zuerst fällt die nördlich von Trondheim beginnende Region Helgeland als besonders schöne Perle auf. Hier sind zwar kaum große Erhebungen über 1500 m zu finden, dafür sind die Küsten, Fjorde und Berge zu einer wahren Landschaftssymphonie vereint. Zu den markanten Landmarken gehören die „Sieben Schwestern“ bei der Ortschaft Sandnessjøen und der 50 km südlich gelegene Torghatten, der „Berg mit dem Loch“. Auf der Tourismushomepage der Region findet sich eine Unterseite mit den „Märchenbergen“ Helgelands.
Die höchsten Berge finden sich im Norden der Region, nahe der Hauptstadt Mo i Rana, und hören auf den Namen Okstindan. Dabei handelt es sich um ein vergletschertes Massiv, das mit dem 1916 m hohen Oksskolten seinen Höhepunkt erreicht und das im Outdoormagazin als Geheimtipp Norwegens für Wanderer empfohlen wird.
Lofoten
Nördlich von Mo i Rana überqueren wir im Nationalpark Svartisen, der den gleichnamigen Gletscher beherbergt, den Polarkreis. Dahinter kommt mit den Lofoten recht bald ein weiteres weltweit berühmtes Landschaftshighlight. Je nachdem, welche Straße man dorthin wählt, streift man unterwegs einen Berg, den zwar international kaum jemand kennt, in Norwegen dafür jedes Kind: den Stetind. Dieser unverwechselbare „Nationalberg“ gilt als höchster Granit-Obelisk der Erde. Er steht mit seiner atemberaubend steilen, ambossförmigen Silhouette für die nordische Bergnatur wie kein Zweiter. Der 1391 Meter über dem Stetfjord aufragende Gipfel ist Kletterern vorbehalten, die mindestens den fünften Grad bohrhakenfrei beherrschen. Doch auch als Nur-Wanderer kommt man hoch hinaus, und zwar bis zum Vorgipfel „Halls Fortopp“ auf 1314 m. Allein dieser Weg ist äußerst lohnend und bietet fantastische Blicke!
Die „nebenan“ im Westen gelegene, einmalig schöne und entsprechend im touristischen Fokus stehende Inselgruppe der Lofoten wurde hier im Basislager ebenfalls schon mit einem eigenen Artikel bedacht – der unter anderem mit Touren- und Wandervorschlägen aufwartet.
Lyngen Alpen
Einen letzten hochalpinen Akzent im hohen Norden setzt das Skandinavische Gebirge in den Lyngen Alpen östlich von Tromsø. Hier erheben sich die eindrucksvollen Berggestalten noch einmal auf bis zu 1834 m (höchster Gipfel: Jiekkevárri). In diesen Breiten sind das mächtige Eisgipfel, denn bei den auf dem Papier bescheidenen Höhen gilt es zu bedenken, dass sich die Berge Norwegens nicht nur weit im Norden befinden, sondern oft direkt von Meereshöhe aus ansteigen.
Die Lyngen Alpen sind im Sommer ein wildes und kaum erschlossenes Bergrevier, im Winter gelten sie als eine der erlesensten Adressen weltweit für Skitouren- und Freeriding. Ein guter Ausgangspunkt zu jeder Jahreszeit ist das Dorf Lyngseidet, Verwaltungszentrum der Gemeinde Lyngen und deren „Tourismushauptstadt“.
Damit wären wir „durch“ mit den Gebirgs-Highlights Norwegens für Wanderer. Richtig große Bergbrocken kommen nun keine mehr, auch wenn die Landschaft natürlich bis „ganz oben“ am Nordkap ein Träumchen bleibt…