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Alleine im Fall der Fälle – die Notfallvorsorge auf Solotouren

Inhaltsverzeichnis

Ganz allein durch das weite Fjell Norwegens, die Cairngorms in Schottland oder ähnlich verlassene Wandergebiete zu streifen, ist für viele die pure Erfüllung- Solotouren – die Königsdisziplin im Wandern oder Trekking.

Die Ruhe und selbstgewählte Einsamkeit machen Solotouren zu einer ganz speziellen Erfahrung. Man ist völlig auf sich allein gestellt und muss alle Entscheidungen selbst treffen. Es gibt niemanden, mit dem man den Weg auf der Karte diskutieren oder auf dessen Erfahrung man sich verlassen kann.

Bergfreund Simon auf seiner Solo-Tour in Norwegen
Bergfreund Simon auf seiner Solotour durch Norwegen

Wie bereite ich mich auf eine Solotour vor

Neben physischer und psychischer Vorbereitung wie dem Training oder der Auseinandersetzung mit dem Alleinsein gehört für mich persönlich auch die Notfallvorsorge zu einer guten Planung dazu. Generell sei gesagt, dass jeder seinen eigenen Weg finden muss, wie er sich auf Notfälle vorbereitet, dieser Beitrag hier kann daher nur eine Anregung sein, wie man es machen kann.

Selbst wenn man sich gut trainiert und mental vorbereitet für eine Solotour fühlt, rücken auch noch andere Dinge vor dem Beginn der Tour in den Fokus. Dabei möchte ich besonders auf die Aspekte eingehen, die manchmal einfach etwas unbeachtet nach dem Motto „Wird schon gutgehen!“ auf der Strecke bleiben.

norwegischen Turistforening DNT
Die neun Regeln des norwegischen Turistforening

Die Sicherheitsregeln einer Solotour

Wenn man draußen unterwegs ist, ganz egal, ob allein oder mit mehreren, muss man sich im Klaren sein, dass immer etwas passieren kann. Diese Eventualitäten sollen keinesfalls davon abhalten, alleine raus auf Tour zu gehen, man sollte nur so gut wie möglich darauf vorbereitet sein. Es gibt einfache Regeln von Wandervereinigungen wie zum Beispiel dem DAV oder dem beliebten norwegischen Turistforening DNT, die einem dabei als Richtschnur dienen können. Oftmals werden sie im Zeitalter der Handy-Apps und High-Tech Ausrüstung als etwas angestaubt oder „Old-School“ abgetan, sie haben sich aber über Jahrzehnte hinweg bewährt. Wenn man sie beachtet, ist man einfach sicherer unterwegs (den Punkt „gehe nicht allein“ ersetzen wir hier durch eine umfangreiche Notfallvorsorge). Als Beispiel folgen hier die norwegischen Fjellvettreglene – sie wurden eingeführt, nachdem 1967 an Ostern 18 Menschen im Fjell umkamen:

  1. Mache keine lange Tour ohne Training bzw. gute Vorbereitung.
  2. Sage anderen, wohin Du gehst.
  3. Zeige Respekt vor dem Wetter und beachte die Wettervorhersage.
  4. Sei gegen schlechtes und kaltes Wetter gewappnet, selbst auf kurzen Touren. Gehe nie ohne Rucksack und der in den Bergen notwendigen Ausrüstung los.
  5. Höre auf den Rat erfahrener Wanderer.
  6. Gebrauche Karte und Kompass.
  7. Gehe nicht allein los.
  8. Kehre rechtzeitig um – umzukehren ist keine Schande.
  9. Schone Deine Kräfte und grabe Dich rechtzeitig im Schnee ein, wenn es nötig ist.

Welche Technik kann ich zusätzlich nutzen?

Ich schreibe ganz bewusst von meiner eigenen Herangehensweise, die sich bereits auf sehr langen Touren über Monate hinweg oder auch auf kürzeren Wanderungen über Wochen sehr bewährt hat, die aber nicht für jeden die richtige Strategie sein muss.

Bevor ich alleine auf Touren gegangen bin, habe ich mir Gedanken darüber gemacht, was dabei passieren kann. Oft ist man auf solchen Touren fernab der Zivilisation unterwegs – ergo gibt es auch oft keinen verlässlichen Handyempfang. Schon der Gedanke, mit einem entzündeten Blinddarm drei Tage von der nächsten Straße oder dem nächsten Ort entfernt allein im Zelt oder in der Hütte zu sitzen, behagte mir nicht recht. So erkundigte ich mich nach einem sogenannten Notfallsender, mit dem ich auch dann noch Hilfe rufen kann, wenn das Handy keinen Empfang mehr hat. Nach Unfällen, bei denen ich noch bei Bewusstsein bin und mich in das Zelt, den Biwak oder die Hütte retten kann, sind diese Sender für mich einfach die beste Möglichkeit, eine Rettung einzuleiten.

SPOT Satelliten GPS Messenger
Der SPOT Satelliten GPS Messenger

Der Notfallsender

Meine Wahl fiel dabei auf den SPOT Messenger, der über ein weltweites Satellitennetz kommuniziert. Dieser muss unter findmespot.com registriert werden, dann kann man einen umfangreichen Service nutzen

Mit dem handygroßen SPOT-Sender kann ich im Fall der Fälle Hilfe über einen Notfallknopf rufen. Diese wird  über die internationale GEOS Notrufzentrale eingeleitet und organisiert, sie alarmiert dann weltweit lokale Rettungskräfte. Parallel werden auch noch zwei Vertraute, die man vorher festlegt, per Telefon benachrichtigt. Diese können dann den Rettungskräften für eventuelle Rückfragen zur Verfügung stehen. Auch kann man hinterlegen, ob man Vorerkrankungen hat oder bestimmte Medikamente benötigt.

Übermittlung der Position

Zudem bietet der SPOT die Möglichkeit, dass man seine aktuelle Position übermittelt. Der Sender verfügt über einen sogenannten „OK“-Knopf. Drückt man ihn, wird die derzeitige Position an eine vorher definierte Personengruppe gesandt. Über ein Webformular lassen sich bis zu zehn Leute festlegen, die diese Koordinaten dann per E-Mail oder SMS geschickt bekommen. Weiterhin ist es möglich, die Koordinaten direkt über einen Twitter– oder facebook Account sowie auf der eigenen Homepage zu veröffentlichen. Ziemlich praktisch, so wissen die Leute daheim immer, wo man gerade steckt.

Tracking

Außerdem verfügt der Sender über eine Trackingfunktion. Das heißt, man legt vorher ein Zeitintervall fest, in dem der SPOT automatisch die aktuelle Position übermittelt, sobald diese Funktion aktiviert ist.

All diese Funktionen und Services lassen sich jederzeit individuell über das praktische Webformular ändern und anpassen. Man kann darüber hinaus je nach Tour unterschiedliche Profile anlegen, so werden immer die richtigen Leute daheim benachrichtigt.

Bergfreund Simon auf seiner Solo-Tour durch Norwegen
Der SPOT-Messenger ermöglicht im Notfall die Übermittlung der aktuellen Position

Einige mögen jetzt einwenden, dass sie mit solch einem Notfallsender im Gepäck nicht das ultimative Freiheitsgefühl erleben können. Den Einwand kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, da diese Nabelschnur nur in eine Richtung funktioniert. Man hat keinerlei Möglichkeit, per SPOT Notfallsender von daheim per E-Mail, SMS oder Anrufen kontaktiert zu werden. Und jeder, der schon einmal ein gebrochenes Bein oder einen entzündeten Blinddarm hatte, wird froh sein, wenn er im Notfall nicht noch drei Tage lang mit einem schweren Trekkingrucksack durch die Wildnis kriechen muss, sondern umgehend Hilfe rufen kann. Da ist die Investition in einen Notfallsender wie den SPOT ohne Widerspruch jeden Euro wert, da gehe ich jede Wette ein!

Stromversorgung

Zu beachten gibt es beim SPOT nur zwei Dinge: Zum einen nutzt der Sender herkömmliche Lithium-Ionen Batterien oder Akkus, diese sollte man vor jeder Tour ersetzen, überprüfen und auch Ersatz mit auf Tour nehmen. Je nachdem, wie häufig ich die Trackingfunktion nutze, können die Batterien oder Akkus natürlich eher entladen sein. Übermittle ich meinen Standort nur einmal am Tag, reicht ein Satz Batterien aber bis zu einem Jahr.

Zum anderen funktioniert der SPOT über Satelliten. Allerdings decken diese nicht alle Gebiete auf der Erde zu einhundert Prozent ab. Plant man also eine Solodurchquerung des grönländischen Inlandeises oder möchte in Zentralafrika unterwegs sein, sollte man sich vorher die Internetseite von SPOT ansehen, die die genaue weltweite Abdeckung zeigt.

Das Handy

Zweifellos können moderne Smartphones auf Reisen eine tolle Hilfe sein. Man kann bequem Zugabfahrten checken, ein Hostel buchen oder den Wetterbericht lesen. In der abgeschiedenen Wildnis würde ich allerdings weder ein modernes Smartphone noch ein einfaches Uralt-Handy als Sicherheitsreserve einplanen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schnell sich ein Handyakku entleert, wenn der nächste Handymast entweder sehr weit entfernt ist oder das Telefon ständig nach einer Verbindung sucht. Zudem kennt beinahe jeder das Problem, dass sich Akkus gerade bei Kälte sehr schnell entladen. Außerdem können Schäden durch Kälte, Feuchtigkeit oder mechanische Zerstörung – sprich Herunterfallen etc. – auch bei einfachen Geräten schnell auftreten.

Vollmachten und Verfügungen? Wird schon gut gehen

Bergfreun Simon in Norwegen
DNT Regel: Sage anderen, wohin Du gehst

Wichtig finde ich, dass man daheim einem Freund oder der Familie mitteilt, wohin man geht und welche Route man plant. Speziell wenn man abseits des markierten Wegs unterwegs sein möchte, ist dies eine zusätzliche Absicherung. Es gab in der jüngeren Vergangenheit den Fall eines vermissten Wanderers, der in Norwegen bis heute verschollen ist. Er hatte seine Route niemandem mitgeteilt, die Suche nach ihm musste ergebnislos abgebrochen werden.

Auch sollte man sich in jeder Hütte oder Unterkunft in das Hüttenbuch eintragen und angeben, wohin man als nächstes zu gehen plant.

Eine Sache, die viele Leute nicht so recht auf dem Schirm haben – oder auch nicht haben wollen- sind Verfügungen, Vollmachten und Regelungen für den Notfall. Wenn doch einmal etwas Ernstes passiert. Dann kann es ohne solche Vollmachten und Verfügungen selbst für die nächsten Angehörigen schnell schwierig werden, zum Beispiel in Krankenhäusern im Ausland eine Auskunft zu erhalten, oder auch einen Rücktransport zu organisieren. Auch ein Thema, auf das nun niemand wirklich Lust hat, sollte, so finde ich, durchaus Beachtung finden: Wie möchte ich beerdigt werden?

Ich gebe zu, das ist ganz schön harter Tobak als Vorbereitung auf eine Solotour, aber man sollte dieses Thema nicht auf die leichte Schulter nehmen, wenn es einen alleine in die Wildnis zieht. Sollte es mich doch einmal treffen, möchte ich meinen Leuten daheim gerade bei Trauer und Verlust die nervige Rennerei und Entscheidung über das Beerdigungs-Prozedere ersparen.

Unabhängig von einer solchen Tour ist das doch eine gute Sache. Hat man diese Vorkehrungen einmal getroffen, kann man sie bei einem Vertrauten sicher hinterlegen und hat sie so für eine ganze Weile und nicht nur für die nächste Tour geregelt.

Norwegischer Turistforening DNT Regel: Gebrauche Karte und Kompass
DNT Regel: Gebrauche Karte und Kompass

Und was kann man sonst noch machen?

Selbsterklärend sind für mich im Gebirge auffällige Kleidung und möglichst ein Zelt in Signalfarbe. Auch sollte man immer ein sorgfältig zusammengestelltes Erste-Hilfe-Set mit sich führen. Persönlich habe ich schon ein 500 g schweres Set 3000 km allein durch Norwegen getragen, ohne es großartig zu benutzen, aber ich wäre immer gut vorbereitet gewesen.

Auch sollte man immer die passende Ausrüstung für die entsprechende Wandergegend und das zu erwartende Wetter auswählen. Was nützt es mir, wenn ich ein paar Euro spare und mich dann aber plötzlich mit einem unterdimensionierten Schlafsack in einem sommerlichen Wintereinbruch wiederfinde?

Sicher geht man auf Solotouren auch Risiken ein, aber nur die, die man nach eigener Meinung und eigenem Erfahrungsstand einzugehen bereit ist. Ist man sich unsicher, einen Fluss zu queren oder ein Schneefeld zu traversieren, sollte man es nicht machen.

Das Allerwichtigste ist aber, sich die Demut vor der Natur zu bewahren. Gerade die Route zu ändern oder sogar umzukehren, mag im Moment der Entscheidung bitter oder ärgerlich sein, aber man möchte doch nicht wegen einer noch so schönen Tour ernsthaft das eigene Leben gefährden.

Dies alles ist meine ganz persönliche Herangehensweise an Solotouren. Ob sie übertrieben oder gerade richtig ist, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Meine Art muss nicht für jeden passend sein, aber vielleicht kann sie Anstöße liefern, wie man die nächste Solotour in der Wildnis mit möglichst viel Freude an der Natur genießen kann, und dennoch gut für den Ernstfall gewappnet ist.

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Bergfreund Simon

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